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Algerien: Ungewisse Zukunft

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Katja Nikles befragte Pater José María Cantal Rivas zur aktuellen Situation in Algerien.

Wie hat die Covid-19-Pandemie das Leben der Menschen in Ihrem direkten Umfeld (in Ihrer Nachbarschaft) verändert?

Weil die Wohnungen in Algerien in der Regel sehr klein sind, spielt sich der wichtigste Teil des Lebens außerhalb der Häuser – auf den Plätzen, in den Cafés, vor den Gebäuden etc. – ab. Das alles ist nicht mehr möglich und führt dazu, dass der Stress derjenigen, die in engen Wohnungen bleiben müssen, höher wird. Besuche innerhalb der Familie sind auch selten geworden. Seit März sind Gebete in den Moscheen und Kirchen verboten: Eine Möglichkeit mehr, um sich zu begegnen, ist verloren gegangen!

 

Welche Auswirkungen wird die Pandemie in den nächsten Monaten für Ihr Land haben?

Wenn es so weitergeht, wird das algerische Gesundheitssystem extrem überlastet sein, was die Versorgung der Kranken und auch die Ausstattung angeht. Darüber hinaus bemerken wir bereits jetzt eine große Armut: Leute bitten um Hilfe, um Lebensmittel, um Unterstützung bei der Begleichung von Rechnungen für Medikamente, Elektrizität, Gas etc. Wie viele kleine Geschäfte werden wohl wieder öffnen können? Wird das neue Schul- und Universitätsjahr wie gewünscht im September beginnen können? Wenn das nicht möglich ist: Was passiert mit den vielen jungen Leuten, die seit März nicht mehr aktiv sind – außer im Internet? Die Leute haben Bedürfnis danach, zu reden. Deshalb habe ich in den sozialen Netzwerken ein Konto eröffnet, wie man auf meinem Bild sehen kann. So können Menschen mich kontaktieren und über die Konsequenzen von Covid-19 reden.

 

Welche Bedeutung hat der Glaube für die Menschen in den Zeiten der Pandemie?

Neben denjenigen (sowohl Christen als auch Muslime!), die gegen jegliche Einschränkung waren und behaupteten, Gott würde ausreichend Schutz bieten, wenn wir ihm nur vertrauen, war ich angenehm überrascht: Viele Menschen, und selbst die, von denen man nicht denken würde, dass sie besonders religiös sind, haben auf den Glauben Bezug genommen, auf die Präsenz Gottes in diesen schwierigen Momenten. Sie haben andere gebeten, sie in ihr Gebet einzuschließen, und spirituelle Texte geteilt. Wir erhalten sowohl von Muslimen als auch von Christen Gebetsanliegen. Eine italienische und eine algerische Familie haben uns über Heilungen informiert! In den ersten Monaten haben die Messen, die über das Internet von verschiedenen Gemeinden in der ganzen Welt übertragen wurden, auch eine große Zahl unserer Christen begleitet. Und selbst die Kirche in Algerien hat begonnen, die Messen der Heiligen Woche, den Rosenkranz während des Monats Mai, die tägliche Messe sowie die Stundengebete in den sozialen Netzwerken zu übertragen.

Foto: missio

Pater José María Cantal Rivas lebt in Algerien und ist Rektor der Basilika Notre-Dame d’Afrique in Algier.


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