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Indien: Unsere Zukunft erscheint düster

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Klaus Vellguth interviewt Stanislaus Chiliankhup aus Nordost-Indien.

Inwiefern hat die Covid-19-Pandemie das Leben von Ihnen und den Menschen in Ihrer Nachbarschaft verändert?

Die Corona-Pandemie hat im Nordosten Indiens beispiellose Probleme verursacht. Bewegungen sind eingeschränkt, öffentliche Versammlungen verboten. Schulen, Hochschulen und öffentliche Einrichtungen sind geschlossen, und Online-Unterricht ist nicht möglich, da es keine funktionierende Internet-Infrastruktur gibt. Die Menschen sind nicht in der Lage, zur Arbeit zu gehen und ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und viele haben nach der Schließung ihres Unternehmens den Arbeitsplatz verloren. Die Armen sind am stärksten betroffen. Viele unserer Schulen und Gemeinden sind nicht in der Lage, die Lehrer zu bezahlen, da die Schulen geschlossen sind und die Gebühren nicht eingezogen werden können. In dem Seminar, in dem ich arbeite, haben wir mehr als hundert junge Seminaristen, die in den letzten fünf Monaten aus Vorsichtsgründen den Campus nicht verlassen durften. Besucher durften unseren Campus nicht betreten. Durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit kommt es zu einer Verknappung und Verteuerung von lebensnotwendigen Lebensmitteln. Alles wird teurer und wir wissen nicht, wie wir die Krise finanziell überstehen können.

 

Welche weiteren Auswirkungen der Pandemie sind für Ihr Land in den nächsten Monaten zu erwarten?

Seit Beginn der Pandemie ist das öffentliche Leben vollständig zum Erliegen gekommen. Da der Lockdown das Leben schwer macht, hat die Regierung eine phasenweise Aufhebung der Ausgangssperre eingeleitet. Die Zahl der Infizierten nimmt jedoch ständig zu, und wir haben in den letzten Wochen jeden Tag über 50.000 bis 70.000 neue Fälle in Indien. Unsere Zukunft erscheint düster. Wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten und wissen nicht, wie wir uns schützen können. Dabei wissen wir: Das Schlimmste steht uns noch bevor.

 

Welche Bedeutung hat der christliche Glaube in diesen Zeiten der Pandemie?

In dieser Zeit der Pandemie suchen viele Menschen Zuflucht im Glauben. Trotz der Ausgangssperre laden die Menschen immer noch Priester und Katecheten ein, um mit ihnen zu beten. Viele Priester nutzen digitale Medien, um die Gläubigen zu erreichen. Sie bieten Online-Retreats an, tauschen sich in sonntägliche Whatsapp-Gruppen aus, übertragen Gottesdienste über Facebook, Youtube Zoom etc. Für mich ist die Zeit der Pandemie aber auch eine Zeit der Erkenntnis. In dieser Zeit der Hilflosigkeit spüren wir neu, dass wir von Gott abhängig sind und die Hoffnung haben, dass Gott uns beschützen wird.

Foto: missio

Dr. Stanislaus Chiliankhup lebt in Nordost-Indien und lehrt am Oriens-Institut, einem Seminar für Theologen in Shillong.


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