Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Klaus Vellguth befragte Yohanes Servasius Lon zur aktuellen Situation in Indonesien.
Inwiefern hat die Covid-19-Pandemie das Leben von Ihnen und den Menschen in Ihrer Nachbarschaft verändert?
Zu Beginn der Pandemie rief der indonesische Präsident die Bevölkerung dazu auf, von zu Hause aus zu arbeiten, zu Hause zu studieren und zu Hause Gottesdienst zu feiern. Schulen, Büros, Fabriken, Unternehmen, alle öffentlichen Orte und andere private Sektoren wurden geschlossen. Dies führte zu Arbeitslosigkeit, Arbeitsplatzverlust und zu einer schweren Wirtschaftskrise. Die Pandemie hat aber auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen in Indonesien. Menschen, die nicht über die nötige Resilienz verfügen, leiden besonders unter der unerwarteten Krise. Vor allem die Ungewissheit, wie sich die Dinge entwickeln werden, ist für viele ein Problem. Die Pandemie hat dazu geführt, dass Menschen in Hoffnungslosigkeit und Angst leben. Die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich und die Kriminalität steigt rasant. Viele Menschen und Unternehmen kämpfen in dieser Situation um ihre Existenz. Wie sollen sie überleben? Wie soll ein Unternehmen die Gehälter seiner Mitarbeiter auszahlen, wenn es kein Einkommen erwirtschaftet? Besonders dramatisch ist die Situation in den Slums, wo die Menschen eng nebeneinander leben.
Welche Konsequenzen hat die Covid-19-Pandemie für das religiöse Leben in Indonesien?
Die Covid-19-Pandemie hat die religiösen Führer in Indonesien gezwungen, keine Gottesdienste mehr zu feiern, Gemeindefeiern selbst am Osterfest zu streichen und die kirchlichen Regeln und Gesetze in Bezug auf den Gottesdienst und dessen Durchführung zu ändern. Die Kirche bietet nun alternative Gottesdienstformen an. Gottesdienste werden über das Radio übertragen oder im Internet gestreamt. Die Feier wird live übertragen, und die Menschen verfolgen sie daheim. Interessanterweise können die Menschen zwischen zahlreichen Online-Messgottesdiensten verschiedener Kirchen in Indonesien frei wählen. Das Konzept von Kirchengemeinschaften, die an geographische Gebiete (Pfarreien, Diözesen usw.) gebunden sind, löst sich auf. Bei uns spricht man davon, dass man heute die Messe in der „Pfarrei Saint Youtube“ besucht. Die Folge ist, dass die Menschen mehr Freiheit haben, zu wählen, in welcher Kirche und bei welchem Priester sie die Liturgie feiern wollen.
Während der Online-Feier stellen die Menschen zu Hause religiöse Symbole unweit von Fernseher oder Radio auf, so dass ihre Anbetung anders ist als nur das übliche tägliche Fernsehen. Das Haus der Christen wird dabei zum neuen Zentrum des Gottesdienstes. Die Rolle der Kirche als Ort des Gottesdienstes verändert sich. Einige Theologen sprechen von einer "Rückkehr zur ecclesia Domestica", der Hauskirche.
An einigen Orten in meiner Diözese Ruteng wird die Messe mit Hilfe eines Lautsprechers übertragen. Dieses Modell wurde gewählt, weil nicht alle Regionen durch Radio-, Fernseh- oder Internetsignale abgedeckt sind. An diesen Orten hält der Pfarrer die Messe in der Kirche, und die Menschen nehmen daran teil, indem sie der Lautsprecherübertragung folgen.
Und schließlich werden überall auch eigene Hausgottesdienste gefeiert. Die Kirche stellt Gottesdiensttexte zur Verfügung, so dass der Gottesdienst in der Familie gefeiert werden kann. Auch dabei realisiert sich die Kirche als Hauskirche.
Neben den Sonntagsgottesdiensten hat sich auch die Krankenpastoral und Sterbebegleitung fundamental verändert. Wenn kranke Menschen spirituelle Begleitung wünschen, kann heute nur noch aus der Ferne für sie gebeten werden. Nur wenn eine schwer erkrankte Person darum bittet, dass das Sakrament der Krankensalbung gefeiert wird, kommt ein Priester und betet zusammen mit den Kranken.
Welche Bedeutung hat der christliche Glaube in diesen Zeiten der Pandemie?
Der christliche Glaube ist eine Kraftquelle und zugleich eine Herausforderung. Angesichts der Pandemie verschließt die Kirche auch in Indonesien nicht die Augen vor der Not der Armen. Es wurden innovative Wege gefunden, um Menschen in Not zu helfen. In diesen schwierigen Zeiten spüren die Menschen aber auch in besonderer weise den Hunger nach geistlicher Nahrung. Hier ist die Kirche gefordert, die Menschen in ihrem Leben und Glauben zu unterstützen.
Yohanes Servasius Lon lebt auf Flores (Indonesien). Er ist Mitglied des von missio initiierten Netzwerk Pastoral Asien. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss der Direktorinnen und Direktoren zahlreicher asiatischer Pastoralinstitute. Nähere Informationen zum Netzwerk Pastoral Asien finden sie hier .
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