missio - glauben.leben.geben

ZAR: Das Vertrauen in Gott

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Dr. Marco Moerschbacher interviewt Pater Joseph Tanga-Koti in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik.

Wie hat die Covid-19-Pandemie das Leben der Menschen in Ihrem direkten Umfeld (in Ihrer Nachbarschaft) verändert?

Der erste Fall einer Infektion durch den Corona-Virus wurde in der Zentralafrikanischen Republik am 14. März 2020 registriert. Er hat zu einer Panik geführt – in einem Land, das über keinerlei Spezialkliniken und über kein für solche Fälle qualifiziertes medizinisches Personal verfügt. Sofort haben sich die politischen und religiösen Führungspersönlichkeiten miteinander abgestimmt, um Maßnahmen zur sozialen Distanzwahrung und Ausgangsbeschränkungen zu verfügen.

In meiner Umgebung hat die Pandemie das Leben der verschiedenen Gruppen unterschiedlich verändert: Die meisten Menschen haben die Pandemie ernst genommen. Sehr früh haben sie sich an die Abstandsregelungen gehalten, Menschenansammlungen gemieden, die Hygienevorschriften befolgt und einen aus traditionellen Heilpflanzen hergestellten Tee getrunken, der bei uns sonst zur Vorbeugung gegen Malaria Anwendung findet. Dann gab es zweitens die Menschen, die die Existenz der Pandemie bestritten haben. Sie haben weiter so gelebt, als sei nichts passiert. Drittens mussten die Geschäftsleute, die ein Restaurant oder ein Bar betrieben, ihre Lokale schließen. Viertens mussten 1.426.969 Schülerinnen und Schüler zu Hause bleiben, da die 2.679 Schulen und Hochschulen schließen mussten. Weil diese Institutionen zuvor keinerlei Vorkehrungen getroffen hatten, konnten nur sehr wenige ihr Studium bzw. Lernen zu Hause fortsetzen. Fünftens gab es auch eine beträchtliche Zahl von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden, die ins Dorf und auf die Felder ihrer Eltern zurückgekehrt sind. Sechstens gab es die Lehrer, deren Gehälter ausgesetzt wurden, sowie die Arbeiter, die ihre Arbeit verloren haben, - sie hatten große Mühe, ihre Grundbedürfnisse zu decken.

 

Welche Auswirkungen wird die Pandemie in den nächsten Monaten auf Ihr Land haben?

Die Pandemie hat zahlreiche Auswirkungen auf das Leben in der Zentralafrikanischen Republik:

  • Die Anzahl der Infektions- und Todesfälle steigt, auch wenn sich die Kurve etwas abgeflacht hat,
  • die Wirtschaftsleistung ist eingebrochen,
  • die Reisebeschränkungen führen zu einem Rückgang des Handelsvolumens,
  • dem Land droht die Überschuldung,
  • die Inflation steigt, gewisse Lebensmittel werden unerschwinglich,
  • die Handelsbilanzen im Auslandsgeschäft und im Finanzsektor fallen negativ aus,
  • die Exportrate sinkt aufgrund des fallenden Bedarfs in den Partnerländern,
  • die Frauen, die im informellen Sektor ihren Lebensunterhalten bestreiten, sind besonders hart getroffen,
  • die Wiederaufnahme des Unterrichts an den Schulen und Universitäten ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden,
  • der Arbeitsmarkt ist eingebrochen,
  • die Lebensbedingungen besonders der Jugendlichen, der Menschen mit Behinderungen und der von alleinerziehenden Frauen geführten Haushalte haben sich drastisch verschlechtert,
  • das Risiko sexueller Gewalt gegenüber Frauen, Mädchen und Kindern ist gestiegen,
  • nach Schätzungen der „Integrated Food Security Phase Classification” (IPC) leiden 2,4 Millionen Menschen und damit 51 % der Bevölkerung unter Nahrungsmittelknappheit,
  • 1,6 Millionen Menschen, das sind 35 % der Bevölkerung, laufen Gefahr, eine noch drastischere Nahrungsmittelknappheit zu erleiden,
  • Frauen und Männer im informellen Sektor, Kleinunternehmer, kleine Agrarproduzenten, Taxifahrer und Angestellte im Gaststättengewerbe und im Hotelwesen haben kürzere Arbeitszeiten und damit erhebliche Einkommenseinbußen.

 

Welche Bedeutung hat der Glaube für die Menschen in den Zeiten der Pandemie?

Angesichts der von der Regierung angeordneten Maßnahmen hat die Kirche

  • Die Feier der täglichen Messe sowie Sonntagsmessen mit mehr als 15 Teilnehmenden eingestellt,
  • die Tätigkeiten der Verbände, Bruderschaften und Gebetsgruppen ausgesetzt,
  • die öffentliche Spendung der Sakramente von Taufe und Firmung sowie Eheschließungen und Priesterweihen ausgesetzt,
  • keine Requien (Messen zu Beerdigungen) mehr gefeiert.

Als diese Maßnahmen gelockert wurden, haben wir mit einen Rückgang der religiösen Praxis gerechnet – dies ist aber nicht eingetreten. Die Gläubigen waren froh, die Eucharistiefeiern sowie die Versammlungen der Verbände, Bewegungen und Bruderschaften wieder aufnehmen zu können – unter Einhaltung der Abstandsregeln. Ohne angemessene Infrastruktur im Gesundheitswesen und angesichts unserer Ohnmacht gegenüber der Virulenz dieser Pandemie setzen wir unser Vertrauen in Gott. Familien kommen zu gemeinsamen Gebetszeiten zusammen. Die Priester unterrichten wieder den Katechismus in der Vorbereitung auf die christliche Initiation (Taufe, Firmung, Eucharistiefeier). Die Gläubigen beten häufig das Fürbittgebet, dass die zentralafrikanische Bischofskonferenz angesichts des Corona-Virus formuliert hat:

Gott, unser Vater, Du bist da inmitten unseres Lebens.

In Deiner Güte hast Du uns als Mann und Frau geschaffen.

In Deiner Weisheit hältst Du uns am Leben und führst uns.

In Deiner Liebe bist Du immer bei uns.

„Groß und wunderbar sind Deine Taten“ (Apg 15,3).

 

Herr, Gott der ganzen Welt – an wen sollen wir uns wenden

angesichts der Gefahren der Pandemie des Coronavirus?

 

In der Wüste hat das Volk aus Angst vor den Schlangen zu Dir gerufen.

Du hast sie vom Tod errettet und hast Mose, Deinen Diener, große Taten vollbringen lassen.

„Groß und wunderbar sind Deine Taten“.

 

Du hast Deinen Sohn Jesus Christus gesandt, um die Kranken und Armen zu retten.

Zu dem Aussätzigen hat er gesagt: „Ich will, werde rein“ (Mk 1,41).

Zu dem Gelähmten hat er gesagt: „Steh auf und geh“ (Lk 5,23).

Zum Dämon hat er gesagt: „Unreiner Geist, verlasse diesen Menschen“ (Mk 5,8)

Zu Martha, der Schwester des Lazarus, hat er gesagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25).

 

Im Heiligen Geist, dem Tröster und dem Atem des Lebens,

nimm unsere Verstorbenen Schwestern und Brüder in Dein Reich auf.

Heile die Kranken dieser Welt,

Stärke und schütze jene, die sie pflegen.

Bewahre uns vor Nachlässigkeit und Ansteckung.

 

Gott, schütze unser Land, die Zentralafrikanischen Republik,

auf dass wir reichlich erfahren:

den Segen der Unterscheidung und des Schutzes,

den Segen der Heilung und des Friedens,

dank der Fürsprache der Jungfrau Maria, unserer Mutter.

Amen.

Foto: missio

Pater Joseph Tanga-Koti stammt aus der Zentralafrikanischen Republik. Er gehört dem Orden der Afrikamissionare (SMA) an und ist Generalsekretär der Zentralafrikanischen Bischofskonferenz mit Sitz in Bangui. Mit missio ist er durch viele Projekte, unter anderem die „Plateforme des Confessions religieuses de Centrafrique“, verbunden.


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