Wir trauern um unsere getöteten Mitbürger in Hanau und sind in Gedanken bei ihren Angehörigen. Wir beten für sie und dass sie Trost in ihrem Glauben finden. Wir beten gleichzeitig für unsere Gesellschaft, dass sie die Kraft findet, dem Hass und Rassismus keinen weiteren Raum mehr zu geben. Als Christen stehen wir in der Verantwortung. Hanau muss uns als katholisches Hilfswerk mahnen, nicht allein in Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten oder Asien dafür einzutreten, dass Religion nicht für ideologische und politische Zwecke missbraucht wird, sondern auch in Deutschland.
Ein Mann hat in Hanau neun Mitbürger getötet. Die Getöteten sind Menschen mit Migrationshintergrund, die mehrheitlich einen muslimischen Glauben haben. Ein schreckliches Verbrechen. Der Täter hatte ein krudes verschwörungstheoretisches, wahnhaftes Weltbild, das aber - und das ist das Entscheidende - anschlussfähig war an rassistisches und rechtsextremistisches Gedankengut der Ausgrenzung und des Hasses, das sich in unserer Gesellschaft ausbreitet. Und dieses Gedankengut hat ihn dann soweit radikalisiert, dass er letztendlich tötete. Deshalb hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Recht, wenn Sie sagt:
Rassismus ist ein Gift, Hass ist ein Gift. Und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft. Und es ist Schuld an schon viel zu vielen Verbrechen. Von den Untaten des NSU über den Mord an Walter Lübcke bis zu den Morden von Halle.
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Es muss uns aufrütteln, dass es erklärtes Ziel einer vor wenigen Tagen ausgehobenen mutmaßlich rechtsextremistischen Terrorzelle mit Namen „Der harte Kern” war, durch einen Anschlag auf eine große Moschee in Deutschland sogenannte „Gegenschläge” von Muslimen zu provozieren, um so einen Art Bürgerkrieg in Deutschland in Gang zu setzen. Dies sollte dann der Vorwand sein, damit Rechtsextremisten unsere Demokratie beseitigen und ein autoritäres Regime installieren können - inklusive aller Vernichtungsphantasien, die solche Überlegungen begleiten.
Das aber ist genau auch die Strategie, wie sie von islamistischen Terroristen im Nahen Osten oder jetzt in Westafrika angewandt wird: Durch öffentlichkeitswirksamen Terror gegen christliche Ziele - und auch Moscheen und Muslime, was in der Berichterstattung in Deutschland oft übersehen wird -, wollen diese Terroristen, Christen und Muslime so gegeneinander aufbringen, dass ein friedliches Zusammenleben unmöglich wird. Sie wollen so viel Chaos wie möglich anrichten, um dann das entstehende machtpolitische Vakuum füllen zu können. Diese Terroristen errichteten zeitweilig im Nahen Osten einen sogenannten „Islamischen Staat” oder versuchen derzeit, rund um den Tschadsee in Westafrika ein sogenanntes „Kalifat” aufzubauen. Sie instrumentalisieren die Religion für ihre machtpolitischen Zwecke und andere Kriminelle und politische Profiteure springen auf den Zug auf. Die Folge sind dauernde Unsicherheit, Terror und Gewalt.
Unsere Partner im Nahen Osten oder jetzt in Westafrika kennen diese Strategie genau. Deshalb ist für sie der interreligiöse Dialog überlebenswichtig. Wir unterstützen diesen Dialog. Wenn etwa Erzbischof Ignatius Kaigama in Nigeria mit dem Emir von Wase, der höchsten muslimischen Autorität dort, Freundschaft pflegt und beide gemeinsam Einrichtungen unterstützen, in denen Christen und Muslime zusammenarbeiten, dann ist das auch ein Vorbild für uns in Deutschland. Diese von uns unterstützten Christen und Muslime verhindern im Alltag oder mindern die Folgen, dass Terroristen, Kriminelle und politische Profiteure Religion für ihre Zwecke missbrauchen und Hass, Ausgrenzung und Gewalt schüren. Und die Erfahrung unserer Partner ist: Diese Arbeit beginnt im Alltag, in der Sprache, in der Art des Umgangs miteinander.
So sollten auch wir in Deutschland aus der schrecklichen Tat in Hanau lernen. Wir dürfen es nicht zulassen,
Wir trauern mit den Opfern von Hanau und ihren Angehörigen. Wir müssen aus dieser Trauer aber auch die Energie ziehen, unsere freie, weltoffene, demokratische Gesellschaft zu verteidigen.
Kommentar schreiben
Kommentarfunktion deaktiviert