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Was brachte das Zweite Vatikanische Konzil in Asien?

Über hundert Wissenschaftlern aus allen Kontinenten erarbeiten zurzeit einen interkontinentalen und interkulturellen theologischen Kommentar zu den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils, dessen Aufnahme und wegweisenden Impulse für die Kirche und Theologie heute. Vom 7. bis 9. November fand in Bangalore (Indien) die erste Konferenz der asiatischen Studiengruppe dieses internationalen Forschungsprojektes „Vatican II – Legacy and Mandate“ (Zweites Vatikanum – Vermächtnis und Auftrag) statt. 25 Theologinnen und Theologen aus Asien haben an der Konferenz teilgenommen. Sie bringen die asiatische Perspektive in das Forschungsprojekt ein. 

Der Fokus des Projektes ist sorgfältig gewählt. Das Zweite Vatikanische Konzil gilt als die Meistererzählung der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert. Es ist das Ereignis, bei dem sich – so damals der Theologe Karl Rahner – die katholische Kirche erstmals als eine Weltkirche erlebt habe. Im weltgeschichtlichen Kontext ist das Konzil die wichtigste ökumenische Orientierungsmarke.

Mehr als 40 Vorträge fanden im Rahmen der Konferenz statt. In einem ersten Teil ging es um die Situation der Kirche auf den verschiedenen Kontinenten vor dem Zweiten Vatikanum. Die Vorträge im zweiten Teil gingen auf die Rezeptionsgeschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils in Asien ein. Im dritten Teil der Konferenz analysierten die Theologen die 16 Dokumente des Konzils aus asiatischer Perspektive. In engagierten Diskussionen tauschten sich die Teilnehmer über die Vorträge aus und entwickelten Vorschläge, wie die vorgestellten Beiträge in das Gesamtkonzept des Forschungsprojekts integriert werden können.

Das Foto zeigt drei Männer, die an einem Tisch sitzen und sich an einer Konferenzbeteiligen. Der Mann in der Mitte, ein älterer Herr mit weißem Hemd und dunklem Pullunder, spricht aktiv und hält ein Mikrofon in der Hand. Er gestikuliert und scheint etwas zu erklären. Links von ihm sitzt ein Mann mit beigefarbener Weste und einem dunklen Hemdkragen. Rechts sitzt ein weiterer Mann mit dunklem Sakko, weißem Hemd und einem Laptop auf dem Schoß. Auf dem Tisch liegen Unterlagen, Wasserflaschen und Notizbücher. Der Hintergrund zeigt einen Raum mit roten Vorhängen. Die allgemeine Atmosphäre wirkt konzentriert und professionell.
Professor Peter Hünermann (mitte) und Professor Klaus Vellguth sind im Leitungsteam des Forschungsprojektes.

Gegenmittel zu einer bloß selbstbezüglichen deutschen Theologie

Neun Flugstunden von Deutschland entfernt hat die Konferenz in Bangalore gezeigt: Von der Kirche in Asien gehen wichtige Impulse aus, die auch die Theologie in Deutschland bereichern können und die dazu beitragen, theologisch neue Horizonte zu gewinnen.

Initiiert worden ist das Forschungsprojekt ursprünglich von Theologinnen und Theologen aus Deutschland. Doch inzwischen wirken mehr als hundert Wissenschaftler in fünf Studiengruppen in Afrika, Asien, Nordamerika, Lateinamerika und Europa mit. missio hat das Forschungsprojekt von Anfang an unterstützt. Es trägt zu einer Internationalisierung der Theologie bei, die gerade auch in Deutschland ein aktuelles Desiderat darstellt. So hatte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer erst vor kurzem in der Herder Korrespondenz zu recht vor der Gefahr gewarnt, dass die deutsche Theologie bloß noch selbstbezüglich werde: Sie sei sogar von einer Art intellektueller Inzucht bedroht, weil sie sich nicht auf anderssprachliche Theologien einlasse, sondern in der deutschen Binnenblase verbleibe. Starke Worte eines starken Bischofs. Umso erfreulicher, dass der Würzburger Fundamentaltheologe Matthias Reményi sich in der jüngsten Ausgabe der Herder Korrespondenz zu Wort meldet und das Forschungsprojekt „Vatican II – Legacy and Mandate“ als ein Gegenbeispiel anführt, wie ein Ausstieg aus dieser akademischen Binnenblase gelingen kann.

Neun Flugstunden von Deutschland entfernt hat die Konferenz in Bangalore gezeigt: Von der Kirche in Asien gehen wichtige Impulse aus, die auch die Theologie in Deutschland bereichern können und die dazu beitragen, theologisch neue Horizonte zu gewinnen.


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