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Der drohende Bürgerkrieg

Seit mehreren Tagen gibt es eine Militäroffensive im Norden Äthiopiens. Die Lage spitzt sich immer weiter zu.  Doch was ist der Hintergrund der aktuellen Krise?

Äthiopien ist uns bei missio vor allem noch als Schwerpunktland zum Weltmissionssonntag 2018 in guter Erinnerung. In der breiten Öffentlichkeit kennt man das Land wahrscheinlich vor allem für seinen Kaffee, aber auch die vielen Hungerkrisen, die hier stattgefunden haben. Im vergangenen Jahr stand der derzeitige äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed im Fokus der Weltöffentlichkeit: Er gewann den Friedensnobelpreis für seine Reformpolitik und die Aussöhnung mit dem Nachbarland Eritrea. Doch ausgerechnet dieser Friedensnobelpreisträger führt nun eine militärische Operation im eigenen Land aus.

 

Hartmut Schwarzbach/argus
Das Zentrum der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.

Seit einigen Tagen hören wir in den Nachrichten von Gefechten, Angriffen und Gegenangriffen im Norden Äthiopiens. Viele Tausende Menschen sind bereits auf der Flucht, beispielsweise in das Nachbarland Sudan. Doch was ist der Grund für diesen innerstaatlichen Konflikt? Dafür ist ein Blick in die besondere Struktur Äthiopiens nötig – und in die jüngere Geschichte des Landes.

Äthiopien ist ein Vielvölkerstaat. Über 80 verschiedene Ethnien leben hier; zu den größten zählen die Oromo, die Amharen und die Tigray. Nach dem Ende der sozialistischen Diktatur 1991 herrschte bis 2018 ein Bündnis verschiedener Parteien über Äthiopien – angeführt von der Tigray People’s Liberation Front (TPLF), die die Politik des Landes größtenteils bestimmte. Dies änderte sich 2018 mit dem Amtsantritt von Abiy Ahmed – der sowohl Oromo- als auch amharische Wurzeln hat. Die TPLF verlor zunehmend an Macht; ihr Aktionsradius erstreckt sich heute nur noch auf die Region Tigray selbst. Dort will sie nun aber offensichtlich frei von jeglichen Einflüssen schalten und walten. So hielt sie im März in Tigray Wahlen ab, die von der Zentralregierung in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba nicht anerkannt werden. Die politischen Auseinandersetzungen um diese Wahl verschärften sich mit einem Angriff auf einen Militärstützpunkt der Regierung, mutmaßlich durch TPLF-Rebellen. Aufgrund dessen entsandte Ministerpräsident Abiy Ahmed schließlich Truppen in den Norden. Die Kämpfe zwischen Armee und TPLF begannen.

 

Hartmut Schwarzbach/argus
Father Tesfaye Petros ist Generalvikar in Gambella und sehr besorgt über die Lage im Norden seines Landes.

Sämtliche Friedensappelle sind bisher nutzlos geblieben. Der Konflikt wird weitergeführt, ein Ende wird von Experten erst erwartet, wenn die TPLF militärisch besiegt ist. Ob das gelingen kann und ob das Land dann wieder zum Status Quo zurückfindet, ist fraglich. Auch unsere Partner in Äthiopien zeigen sich besorgt über die Lage im Land. Father Tesfaye Petros, Generalvikar des Apostolischen Vikariats in Gambella, schrieb uns: „Ich hoffe, der Einsatz endet ohne große Zerstörungen und zivile Opfer.“ Das hoffen wir von missio ebenfalls und wünschen Äthiopien Frieden und Zusammenhalt.

Hilfe für die Flüchtlinge


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