Wir sind eine Woche lang im Libanon unterwegs. Wir, das sind: Ayline Plachta, Elke Breuer-Schulte, Katja Heidemanns, Johannes Seibel, Frank Kraus und Pfarrer Dirk Bingener. Wir lernen Frauen und Männer kennen, die die verschiedenen christlichen Kirchen im Libanon und Nahen Osten prägen. Einige von ihnen sehen wir im Oktober zum Monat der Weltmission in Deutschland wieder.
Professorin Souraya Bechealany ist eine temperamentvolle Theologin. Sie berichtet von ihrem Besuch bei Papst Franziskus. Wie er sie gemeinsam mit anderen Theologinnen empfangen hat und zum leichten Erstaunen umstehender hoher Kirchenmänner zum spontanen Gruppenfoto bat. Das ist die Leidenschaft der früheren Stipendiatin des Missionswissenschaftlichen Instituts von missio: Frauen in der Kirche voranbringen. Wir treffen sie heute am Sonntagabend gemeinsam mit der Gruppe „We choose abundant life“ an unserem ersten Tag im Libanon.
Mit dabei ist auch der Priester Raphael Zgheib. Er ist Nationaldirektor von missio im Libanon – also der Kollege unseres missio-Präsidenten Pfarrer Dirk Bingener . Schließlich gibt es rund 120 missio-Werke weltweit, die Päpstlichen Missionswerke. Ein Netzwerk für eine Nächstenliebe, die bleibt und Wirkung entfaltet.
Souraya Bechealany und Pfarrer Zgheib bereiten seit 2019 mit einem Koordinationsteam die Beiträge und Aktionen der Kirchen im Nahen Osten für die Weltbischofssynode in Rom vor. Und natürlich haben die Menschen und Kirchen andere Probleme als wir in Deutschland – und entsprechend setzen sie andere inhaltliche Schwerpunkte und nutzen andere Methoden. Aber eine Erfahrung teilen wir doch ihnen: Die Ungeduld der Gläubigen ist so groß geworden, dass die Kirche endlich näher am Leben der Menschen ist, um wirklich spüren zu können, wie der Glaube ihr Leben konkret zum Besseren verändert. „Die Menschen wollen nicht noch mehr Predigten, noch mehr Worte, noch mehr Vertröstungen von uns und der Kirche hören. Sie wollen von uns Taten sehen im Nahen Osten“, sagt Souraya Bechealany. Was ihr besonders wichtig ist: Dass die verschiedenen Denominationen der Kirche im Nahen Osten stärker ökumenisch denken und ihre zivilgesellschaftlichen Kräfte bündeln, um auch politisch ein wichtigerer Faktor zu werden. Dass Laien und insbesondere junge Menschen und Frauen wesentlich mehr in die Entscheidungen und Leitung der Kirchen im Nahen Osten eingebunden sind. Dafür kämpft Souraya Bechealany.
Dieser Kampf ist nicht einfach. Auch aus ganz praktischen Gründen. Im Libanon zermürben eine lang andauernde Wirtschaftskrise, eine unfassbare Inflation, politische Instabilität und nicht zuletzt die Explosion im Hafen von Beirut die Menschen. Als wir vom Flughafen in unsere Unterkunft fahren, sehe ich viele Graffiti, die vom Zorn dieser Menschen sprechen. „Eat the rich – esst die Reichen auf“, ist etwa auf einem Betonquader aufgesprüht.
Eine kleine Bemerkung am Rande von Pfarrer Zgheib illustriert die Lage. Der missio-Direktor ist gleichzeitig auch Pfarrer in einer Gemeinde. Er zeigt an diesem Abend auf eine Broschüre für die Vorbereitung der Weltbischofssynode. „Diese Arbeit an den Texten ist absolut notwendig. Während ich an ihnen schreibe, rufen nacheinander drei, vier Mitglieder aus meiner Gemeinde an, und fragen, wo ich denn bleibe, sie müssten jetzt endlich Lebensmittelpakete verteilen, weil die Menschen zu wenig Geld für das Alltägliche haben. Ich mache beides gleich gerne, aber wir brauchen Unterstützung, damit wir alle unsere Aufgaben erfüllen können.“
Genau darüber reden wir an diesem Abend. Über weltkirchliche Solidarität, für die missio steht.
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