von Pia Scheiblhuber (Text und Fotos)
Von 9. bis 14. Juni fand in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, eine Konferenz zum Thema Frauen in Gesellschaft und Kirche statt. kontinente-Redakteurin Pia Scheiblhuber war für missio vor Ort mit dabei.
Welchen Einfluss haben Frauen in Kirche, Politik und Gesellschaft? Was muss sich ändern, damit Frauen mit all ihren Stärken und Fähigkeiten wahr und ernst genommen werden? Welches gesellschaftliche Umdenken ist nötig, um Gleichberechtigung zu erreichen und Missbrauch zu bekämpfen? Diese Fragen rund um die Rolle der Frau standen im Mittelpunkt der internationalen Konferenz „Frauen in Gesellschaft und Kirche in Kinshasa 36 Jahre nach Malula“, die von missio mitfinanziert und eine Woche lang in Kinshasa stattfand. Anlass war der Todestag des früheren Erzbischofs von Kinshasa, Joseph-Albert Malula, der sich stark machte für die Würde der Frau und die Afrikanisierung des Christentums. Er setzte sich auch dafür ein, dass Laien in der Kirche mehr Verantwortung übernehmen können.
Dieser progressive Ansatz Malulas war richtungsweisend in der kongolesischen Kirche. Er gründete einen einheimischen Frauenorden (Congrégation Sainte-Thérèse de l’Enfant Jésus) und die „Mamans Catholiques“, eine Bewegung christlicher Frauen aller Altersklassen. Die Konferenz beschäftigte sich damit, wie Malulas Erbe erfolgreich weitergetragen werden kann, vor allem in der aktuellen Situation, die in der Demokratischen Republik Kongo von Konflikten, Kämpfen und Korruption geprägt ist.
„Es sind die Mütter, die die Familien am Leben erhalten und Hoffnung geben“, sagte Erzbischof Fridolin Ambongo Besungu zu Beginn der Veranstaltung. „Wir dürfen die mütterliche Dimension der Kirche nicht außer Acht lassen: die Kirche als Mutter des Glaubens.“ Man solle den Frauen daher mehr Verantwortung übertragen, sodass ihre Stimmen gehört würden.
Es waren auch vor allem Frauen, die die Konferenz mit ihren Beiträgen bereicherten: Ordensschwestern, Universitätsprofessorinnen, darunter auch die Ministerin für Hochschul- und Universitätsbildung der Demokratischen Republik Kongo. Benachteiligungen in Alltag, Arbeitswelt, Politik und Kirche wurden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, wobei immer ein konstruktiver Lösungsansatz im Mittelpunkt stand: die Frauenquote ernst nehmen, Aktionsräume im Digitalen schaffen, Missbrauchsopfer begleiten, Mikrokredite kritisch betrachten und Zugang zu finanzieller Selbstständigkeit erleichtern. Aber vor allem: aus dem christlichen Glauben heraus handeln und als Frauen und Männer gemeinsam Verantwortung in Gesellschaft und Kirche übernehmen.
Die Konferenz diente neben dem wissenschaftlichen Austausch auch dazu, eine Woche der „Mamans Catholiques” einzuführen, die von nun an jedes Jahr im Juni rund um den Todestags Malulas stattfinden soll. „Die Frauen sollen dann die Gelegenheit bekommen, zu zeigen, was sie machen“, sagt die Präsidentin der „Mamans Catholiques”, Yvonne Ifoku Mokonda. „Denn mir geht es darum, die Frauen zu ermutigen, tätig zu werden und sich vielleicht ein kleines Unternehmen aufzubauen“ – ganz im Sinne des Gründers der katholischen Frauenbewegung.
Malula war ein Visionär, der seiner Zeit voraus war, sich mit den drängenden Problemen der Gesellschaft auseinandergesetzt und nach konkreten Lösungen gesucht hat. Das würde er auch heute machen: Wenn er sehen würde, wie die Frauen im Osten des Kongo unter der Gewalt leiden, würde er alles tun, um ihnen zu helfen.
Welchen Dienst sollen Frauen in der Kirche übernehmen? Mit dieser Frage hat sich Malula intensiv beschäftigt. Er hat den kongolesischen Ritus entwickelt, der Elemente des römischen Ritus mit afrikanischen Traditionen verbindet. Darin nehmen auch Frauen eine entscheidende Rolle ein, vor allem was Tanz und Gesang anbelangt. Heute müssen wir uns fragen, welche Rolle Frauen in der Liturgie und auch darüber hinaus spielen sollen – denn mit ihrer Spiritualität können sie die Gesellschaft bereichern.
In Afrika sagt man oft: Synodalität gab es bei uns schon immer in Form des Palaver. Auch Malula war das Zuhören sehr wichtig. Sein Ansatz: Führungspersonen, allen voran die Bischöfe, müssen den Menschen zuhören, um sich ein Bild von deren Situation zu machen und konkret handeln zu können. Ich frage mich: Wieso sollten wir keinen Dienst des Zuhörens in der Kirche einrichten? Im Abschlussdokument der Weltsynode befindet sich dieser Vorschlag – ein Beweis wie aktuell Malula heute ist.
Authentizität, das war Malulas Schlüsselwort. Anders ausgedrückt: Die Natürlichkeit der Kongolesen und vor allem der Frauen lagen ihm am Herzen. Ich glaube, dass eine Konferenz nicht reicht, um sein Erbe weiterzutragen. Sein Werk soll nicht nur besprochen werden, es muss sichtbar sein! Vielleicht in Form eines Monuments oder eines Ortes, an dem sich die Menschen besinnen und Malula gedenken können.