Nach Angabe des Katholischen Hilfswerks missio in Aachen sind Menschen in 41 Staaten der Welt massiv in Gefahr, Opfer von Aberglauben und Gewalt zu werden. „Frauen, aber auch Männer und Kinder werden als angebliche Hexen verfolgt, gefoltert und getötet“, berichtet der missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener. Papua-Neuguinea, Ghana, Kongo, Indien und Südafrika gehören zu den betroffenen Ländern, wie aus der Weltkarte in der missio-Menschenrechtsstudie hervorgeht, die anlässlich des Internationalen Tags gegen Hexenwahn am 10. August veröffentlicht wird.
Bei der Recherche sind zahlreiche Quellen wie die Vereinten Nationen, wissenschaftliche Studien und Augenzeugenberichte berücksichtigt. „Die übersichtliche Weltkarte ist so wichtig, weil in der Vergangenheit diese Menschenrechtsverletzungen in Verbindung von Aberglauben und Hexenwahn kaum wahrgenommen wurden“, erklärt Pfarrer Dirk Bingener. In der aktualisierten Karte mit dem Stand von Juli 2021 sind im Unterschied zum letzten Jahr die Länder Senegal, Togo, Elfenbeinküste, Namibia und Liberia hinzugekommen.
Nach Einschätzung von Experten wie dem Historiker Dr. Werner Tschacher wurden in den letzten 60 Jahren weltweit mehr Menschen als vermeintliche Hexen und Hexer getötet als in circa 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung zusammen. Die aktuelle missio-Weltkarte zu den Menschenrechtsverletzungen im Zeichen des Hexenwahns basiert auf konservativen Bewertungen. Daneben gibt es andere Auflistungen, die einzelne Fälle der letzten Jahre in unter anderem den USA, England und Italien berücksichtigen und so auf bis zu 60 betroffene Staaten kommen.
missio konzentriert sich auf Länder wie Papua-Neuguinea mit besonders prekären Situationen für die betroffenen Menschen. So berichtet die missio-Projektpartnerin Schwester Lorena Jenal von ihrer gefährlichen Hilfe für gerettete Frauen. „Selbst wenn wir eindeutige Beweise über die Täter haben, so würde ich es nicht überleben, wenn ich die Folterer anzeigen würde“. Der Glaube an die Hexerei ist unter der Dorfbevölkerung, bei der Polizei und Justiz stark verbreitet. Dies gilt ebenso für viele afrikanische Länder, die auf der missio-Karte verzeichnet sind. Laut Umfragen glauben in Kamerun, Ghana und Malawi rund drei Viertel der Menschen an Hexerei.
Hinweise auf einen verstärkten Hexenwahn gibt es unter anderem aus der Demokratischen Republik Kongo. „Seit der Corona-Pandemie werden immer mehr Menschen der Hexerei beschuldigt und die Zahl der Gewaltopfer erhöht sich“, berichtet Therese Mema, die sich in der Region der Stadt Bukavu um Überlebende kümmert. Das Aufflammen des Hexenwahns in Zeiten von Krankheiten, Kriegen und Katastrophen bildet ein Leitmotiv der jahrhundertelangen Geschichte dieser Menschenrechtsverletzungen.
Mit dem Internationalen Tag gegen Hexenwahn am 10. August macht missio seit dem Jahr 2020 auf diese weltweiten Menschenrechtsverletzungen aufmerksam
Das Datum bezieht sich auf einen Fall aus Papua-Neuguinea, der für internationale Aufmerksamkeit sorgt. Eine wehrlose Mutter namens Christina Pakuma wurde im August 2012 als angebliche Hexe über mehrere Tage gefoltert. Durch einen Trick konnte sie sich befreien und wurde von Ordensfrauen in Sicherheit gebracht. Die Schweizer Missionarin Schwester Lorena kümmerte sich um die überlebende Christina und hat den Fall gemeinsam mit missio bei den Vereinten Nationen vorgebracht.
„In diesem Juli hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass Christina an einem Krebsleiden verstorben ist“, berichtet Pfarrer Dirk Bingener. „Wir verlieren einen lieben Mitmenschen und eine starke Kämpferin. Doch durch den Internationen Tag gegen Hexenwahn bleibt ihre Geschichte und das Schicksal so vieler anderer Betroffener unvergessen“.
Ein wichtiges Signal kommt aktuell auch von den Vereinen Nationen. Erstmalig in der Geschichte der UN gibt es eine Resolution zur Beseitigung von Gewalttaten im Zusammenhang mit Anschuldigungen angeblicher Hexerei. „Jetzt müssen der Resolution die entsprechenden Taten folgen. missio wird die Projekte gegen Hexenwahn weiterhin verstärkt unterstützen.“