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Deutsche Botschaften in Nigeria und Kenia diskriminieren missio-Gäste

missio lädt junge Menschen aus Kenia nach Deutschland zum Austausch ein. Die Botschaft verweigert die Visa. Diese Praxis muss aufhören, fordert missio.

Jugendliche bei einem Jugendprogramm im Osten Nairobis. Hartmut Schwarzbach/missio
Gloria Munyiva Wambua (Mitte) aus Nairobi ist Studentin. Sie arbeitet ehrenamtlich in der katholischen Jugendinitiative YOUNIB in Slums mit. Die Deutsche Botschaft in Kenia verweigert ihr und anderen eingeladenen jungen Menschen ein Visa für Deutschland zum Austausch mit missio.

Jungen Menschen aus dem Globalen Süden wird pauschal fehlende Rückkehrbereitschaft unterstellt

Das katholische Missionswerk missio Aachen wirft den deutschen Botschaften in Nigeria und Kenia Diskriminierung junger Afrikanerinnen und Afrikaner vor, die keine Visa für kirchliche Jugendbegegnungen in Deutschland erhalten. „Wir haben kirchlich engagierte junge Menschen aus diesen Ländern nach Deutschland eingeladen. Während Visa für Ältere erteilt werden, trifft es immer die jungen Leute. Ihnen wird, weil sie jung sind, pauschal eine fehlende Rückkehrbereitschaft unterstellt. Die Vorgehensweise der Botschaften variiert: Mal gibt es erst gar keinen Termin bei der Botschaft, die Echtheit der Dokumente wird angezweifelt, man verlangt immer weitere Dokumente oder der Ermessensspielraum des jeweiligen Botschaftsmitarbeiters wird angeführt. Das Ergebnis aber lautet immer: Keine Visa, obwohl alle Garantien aus Deutschland vorliegen. Diese Schikanen, diese diskriminierende Praxis aufgrund des Lebensalters muss endlich aufhören. Das Auswärtige Amt und an ihrer Spitze Frau Ministerin Baerbock sind hier in der Pflicht“, fordert Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen.

Im vergangenen Jahr waren davon Jugendliche aus einem missio-Partnerprojekt in Nigeria betroffen. In diesem Jahr trifft es junge Menschen des kenianischen missio-Partners YOUNIB, der katholische Jugendsozialarbeit in den Armenvierteln von Nairobi betreibt. Die ehrenamtlich in dem Projekt Engagierten sollten zum Monat der Weltmission nach Deutschland kommen. Dort wollten sie mit Mitgliedern der missio-Jugendinitiative #strongbymissio über soziale Gerechtigkeit, Jugendsozialarbeit, demokratische Bildungsarbeit und ihren Glauben ins Gespräch kommen.

22-jährige Gloria Munyiva Wambua aus Kenia: „Wir sollten Brücken bauen, und nicht Grenzen errichten“

Die 22-jährige Gloria Munyiva Wambua ist eine der Betroffenen. „Ich bin zutiefst traurig und untröstlich. Monatelang haben wir die Begegnung vorbereitet. Wir haben alle Anforderungen des Visaprozesses erfüllt. Trotzdem wurden sie abgelehnt, das ist eine große Ungerechtigkeit“, sagt Gloria Wambua. „Wir lieben Afrika und wir sind dieses Afrika. Wir haben unsere Familien, die Gesellschaft und die Kirche hier in Kenia, die uns brauchen und die wir brauchen. Wir wollen durch interkulturelle, generationenübergreifende und interreligiöse Begegnungen Brücken bauen, und nicht Grenzen errichten. Wir wollen ein starkes, modernes Kenia aufbauen. Wir wollen bei uns Zusammenarbeit, Heilung, Vergebung und Hoffnung fördern, damit sich alle für das Gemeinwohl einsetzen. Deshalb wäre die Erfahrung des Jugendaustausches mit Deutschland für unsere jungen Menschen aus den Slums in Nairobi so wichtig. Wir wollten in Deutschland voneinander lernen und unsere Erfahrungen teilen“, fährt Munyiva fort.

„Ablehnung der Visa hat bei mir die Wunde der kolonialen Schrecken neu aufgebrochen“

„Wir sind junge Afrikanerinnen und Afrikaner und leiden unter den kolonialen Schrecken der Vergangenheit. In einer Zeit, in der die Begegnung mit anderen Kulturen beispielsweise in Deutschland diese Wunde heilen könnte, hat die Ablehnung der Visa diese Wunde aber bei mir verschlimmert und sie ist neu aufgebrochen“, berichtet die 22-Jährige weiter. Sie kann nicht verstehen, dass junge Menschen aus Deutschland in diesem Jahr problemlos YOUNIB in Nairobi besuchen konnten, umgekehrt aber nicht. „Diese Verweigerung der Visa tut mir im Herzen richtig weh. Vielleicht aber ändern die deutschen Behörden doch noch ihre Vorgehensweise“, hofft Gloria Munyiva.  

„Wir können es uns nicht mehr leisten, Begegnung junger Menschen für eine bessere Welt staatlich zu verhindern“

Diese von missio jetzt mehrmals gemachte Erfahrung mit deutschen Botschaften im Globalen Süden teilen in den vergangenen Jahren auch andere zivilgesellschaftliche Organisationen in Deutschland. Selbst nach dem Regierungswechsel änderte sich diese Praxis offenbar nicht, auch wenn in der Vergangenheit von Bündnis 90/Die Grünen genau diese Praxis zu Recht kritisiert wurde. „Angesichts der Notwendigkeit des Austauschs in dieser unfriedvollen Zeit und aufgrund der sowieso schon gegebenen Corona-Reiseeinschränkungen der vergangenen beiden Jahre, können wir es uns schlicht nicht mehr leisten, die internationale Begegnung junger Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzen, staatlich zu verhindern“, so Pfarrer Bingener. 

 

Stellungnahme vom 20. September 2022

Katholisches Hilfswerk missio Aachen widerspricht der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes zum Vorwurf der Diskriminierung junger Afrikanerinnen und Afrikaner bei Visa-Vergabe für kirchliche Jugendtreffen

Am 20.September 2022 wies das Auswärtige Amt die Vorwürfe von missio Aachen auf dem Nachrichtenportal katholisch.de     zurück. Dazu hat missio Aachen folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Das katholische Hilfswerk missio Aachen widerspricht der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes auf dem Nachrichtenportal katholisch.de zum Vorwurf der Diskriminierung von jungen Afrikanerinnen und Afrikanern bei der Vergabe von Visa für den kirchlichen Jugendaustausch.

So betont das Auswärtige Amt gegenüber katholisch.de, dass zwar von den Botschaften die finanzielle und familiäre Verwurzelung der Antragstellerinnen und Antragsteller in ihrem Heimatland geprüft werde. Dabei sei das Alter der antragstellenden Person aber kein Entscheidungskriterium für die Visa-Vergabe.

  • Dazu stellt missio Aachen fest: Wer als junger Mensch keinen Ehepartner und keine eigenen Kinder gegenüber der Botschaft nachweisen kann und nicht über finanzielle Rücklagen, beispielsweise einen Immobilienbesitz, verfügt, dem wird offenbar pauschal eine fehlende Rückkehrbereitschaft unterstellt. Diese Kriterien aber zum Maßstab der Rückkehrbereitschaft und damit zur Erteilung der Visa zu machen, ist vollkommen widersinnig, weil junge Menschen in dieser Lebensphase in der Regel weder verheiratet sind noch eigene Kinder haben. De facto werden so junge Menschen aufgrund ihres Lebensalters diskriminiert. Diese diskriminierende Praxis muss aufhören. Damit greift missio Aachen unter anderem frühere Forderungen von Bündnis 90/die Grünen zur Praxis der Visa-Vergabe auf.

Auf Unverständnis stößt auch die Einlassung des Auswärtigen Amtes, „die Verpflichtungserklärung könne nicht als Nachweis der Rückkehrwilligkeit des Antragsstellenden herangezogen werden.“

  • Dies ist natürlich richtig, aber darum geht es dabei auch nicht. Bei der Verpflichtungserklärung bestätigt die einladende Organisation auch dann für Kosten aufzukommen, sollte der Eingeladene nicht in sein Heimatland zurückkehren. Ohne diese weitreichenden Garantien wäre ein Visabegehren sowieso aussichtlos.

Des Weiteren gibt das Auswärtige Amt an, bereits Visa für den Weltmissionsmonat erteilt zu haben.

  • Damit aber bestätigt das Auswärtige Amt indirekt die Darstellung missios.Tatsächlich sind Visa erteilt worden, aber eben nur für ältere Teilnehmende. So hat der das Jugendprojekt YOUNIB begleitende Pfarrer ein Visum erhalten, aber eben nur er.

Zum Hintergrund: Missio Aachen hat kirchlich engagierte junge Leute aus der katholischen Jugendinitiative YOUNIB in Kenia zum Monat der Weltmission nach Deutschland eingeladen. Sie stellten Anfang August ihren Visaantrag. Üblicherweise werden die Visaanträge in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen bearbeitet. Eine junge Frau hat in dieser Zeitspanne auch wegen angeblich fehlender Rückkehrbereitschaft zweimal einen Ablehnungsbescheid erhalten. Andere Teilnehmenden dagegen warten seit Anfang August vergeblich auf eine Antwort der Botschaft in Kenia. Sie sollten kommende Woche nach Deutschland reisen. „Hier gibt es also einfach keine Entscheidung. Sogar die Option eines Einspruchs gegen eine mögliche Ablehnung ist uns somit de facto verwehrt“, so Pfarrer Bingener.

Wie bereits erwähnt: Die Gründe und Vorgehensweisen der Behörden sind unterschiedlich. Im Ergebnis führen sie aber immer dazu, dass keine Visa für unsere jungen Gästen aus afrikanischen Ländern erteilt werden.

Hier können Sie sich ein Interview von Pfarrer Dirk Bingener mit domradio.de zu dem Thema ansehen     und den Text des Interviews im Wortlaut     nachlesen.


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