Erstmalig ruft das Internationale Katholische Hilfswerk missio Aachen am 10. August 2020 den Internationalen Tag gegen Hexenwahn aus und macht damit auf weltweite Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang angeblicher Hexerei aufmerksam. „Zu lange wurde übersehen und dazu geschwiegen, dass ein menschenfeindlicher Aberglaube benutzt wird, um wehrlose Frauen, Kinder und Männer zu Sündenböcken für gesellschaftliche Probleme zu machen“, erklärt der missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener. In mindestens 36 Ländern der Welt werden Menschen als vermeintliche Hexen beschuldigt, verfolgt und in vielen Fällen getötet.
Berichte über solche Hexenverfolgungen kommen hauptsächlich aus Afrika, Asien, Ozeanien sowie aus Lateinamerika. Dies geht aus der Weltkarte „Hexenwahn in 36 Ländern“ hervor, die missio in der Menschenrechtsstudie „Hexenwahn in Papua-Neuguinea: Fallstudie Christina“ präsentiert. Die Studie rekonstruiert den Fall einer Frau namens Christina und erklärt exemplarisch, wie solche Denunziationen und Menschenrechtsverbrechen entstehen. Die Wahl des 10. August als Internationalen Tag gegen Hexenwahn geht auf ihren Fall zurück, der für internationale Aufmerksamkeit sorgte und über den unter anderem das ZDF berichtete . Die wehrlose Mutter wurde im August 2012 als angebliche Hexe beschuldigt und über mehrere Tage gefoltert. Durch einen Trick konnte sie sich befreien und wurde von Ordensfrauen in Sicherheit gebracht. Seitdem kümmert sich die Schweizer Ordensschwester Lorena Jenal um die Überlebende und kämpft für Gerechtigkeit für Christina. Sie rettet Dutzenden von Menschen das Leben und baut mit Unterstützung von missio ein Hilfsprojekt auf. 2018 wurde sie für ihr mutiges Engagement gegen diese Menschenrechtsverletzungen mit dem Weimarer Menschenrechtpreis ausgezeichnet.
Der Fall von Christina steht stellvertretend für zehntausende Fälle weltweit. Mit dem Internationalen Tag gegen Hexenwahn will missio auf ihr Schicksal aufmerksam machen und den Betroffenen eine Stimme geben. „Wir wollen aufklären und zeigen: Hexenwahn ist kein Problem von gestern und vorgestern“, erklärt Pfarrer Bingener und betont: „Das Thema muss in der Menschenrechtsarbeit stärker beachtet werden, ebenso in der Entwicklungszusammenarbeit.“
Auf den dramatischen Anstieg und das weltweite Ausmaß dieser Gewaltverbrechen weisen auch Experten wie Dr. Werner Tschacher von der Universität Luxemburg hin. „In den letzten 60 Jahren wurden weltweit mehr Menschen als vermeintliche Hexen und Hexer getötet als in circa 350 Jahren europäischer Hexenjagden zusammen“, erklärt der Historiker, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigt.
Aus einigen der betroffenen Länder melden sich Stimmen anlässlich des 10. August 2020 zu Wort. „Es ist wichtig, den Internationalen Tag gegen Hexenwahn zu begehen, denn in der DR Kongo werden seit Jahren viele Frauen und Kinder Opfer von Misshandlungen, nachdem sie der Hexerei beschuldigt wurden“, sagt die katholische Seelsorgerin Thérèse Mema, die in ihrer Heimat gegen diese Menschenrechtsverletzungen kämpft.
Weitere Informationen zum Internationalen Tag gegen Hexenwahn und zur Solidaritätsaktion finden sich unter www.missio-hilft.de/hexenwahn .