„Die internationale Gemeinschaft muss nach den aktuellen Kämpfen im Osten der Demokratischen Republik Kongo schnellstmöglich Friedensverhandlungen auf den Weg bringen. Vor Ort schwelt schon seit Jahrzehnten einer der blutigsten vergessenen Kriege um Rohstoffe auf dem Rücken der lokalen Bevölkerung. Unsere Partnerinnen und Partner vor Ort appellieren an die Verantwortung der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der USA. Sonst droht ein militärischer Flächenbrand mit katastrophalen humanitären Folgen“, forderte Dr. Gregor von Fürstenberg, Vize-Präsident des katholischen Hilfswerkes missio Aachen, am 29. Januar 2025. Heute will die Afrikanische Union in Kenia entsprechende Initiativen starten.
Katholische Krankenhäuser, Klöster und Kirchen zerstört
Missio-Partnerorganisationen und katholische Journalisten aus dem Osten des Landes berichteten heute in Gesprächen mit missio Aachen über grassierende Plünderungen und Zerstörungen, die auch katholische Krankenhäuser, Klöster und Kirchen trafen. Die Kämpfe dauerten weiter an. In den vergangenen zwei Tagen habe die katholische Kirche in Goma aufgrund der angespannten Lage kaum noch Lebensmittel und Wasser verteilen können, sagte missio Aachen ein Journalist direkt aus der Stadt. Eine hohe Zahl an Waffen in der Region führten zu noch mehr unkontrollierbarer Gewalt, etwa von Jugendbanden. Insbesondere die Versorgung der geflüchteten Menschen in Goma, in der sich jetzt nach Angaben von Monsignore Donatien Nshole, Generalsekretär der Bischofskonferenz der Demokratischen Republik Kongo, drei Millionen Menschen aufhalten sollen, ist kaum noch möglich. Eines der größten Flüchtlingslager in der Stadt ist bei den Kämpfen zerstört worden, bestätigen missio-Partnerinnen und Partner.
„Meine Freunde sterben in Goma“
Diese Beobachtungen bestätigte Ingrid Janisch von der missio-Partnerorganisation Capacitar, die in Goma seit Jahrzehnten Traumatisierte psychologisch behandelt. Sie hält sich derzeit in Deutschland auf und ist in engem Kontakt mit Capacitar in Goma. So sei etwa eine Entbindungsstation des katholischen Krankenhauses „La charité maternélle“ zerstört und neugeborene Babys getötet worden. Auch die Mitarbeitenden von Capacitar und anderer kirchlicher Einrichtungen seien selbst bedroht. „Meine Freunde in Goma sterben und eine Gruppe aus meiner Gemeinde auch. Wir sind sehr enttäuscht über die Reaktion der internationalen Gemeinschaft“, sagte Janisch gegenüber missio Aachen. „Die Großen dieser Welt denken nur daran, wie sie sich an den Mineralien des Kongo bereichern können, und die Menschen, die dort leben, werden vergessen.“
Katholiken und Protestanten planen Friedensforum
Monsignore Donatien Nshole von der Bischofskonferenz befürchtete gegenüber missio Aachen eine direkte Konfrontation der Demokratischen Republik Kongo mit Ruanda. Dies hätte nicht mehr kalkulierbare katastrophale Folgen. „Von der internationalen Gemeinschaft erwarten wir, dass sie sich viel wirksamer als bisher für die Schaffung eines dauerhaften Friedens einsetzt“, sagte Monsignore Nshole. „Die Bodenschätze, insbesondere Coltan, sind der Grund für die Bündnisse, die den Konflikt schüren und zur Finanzierung des Krieges beitragen“, ergänzte er. Die katholische und protestantische Kirche im Kongo planen einen „Sozialpakt für Frieden und ein gutes Zusammenleben in der Demokratischen Republik Kongo und der grenzüberschreitenden Region der großen Seen“, um ein nationales Friedensforum auf den Weg zu bringen. Dafür wolle die Bischofskonferenz ihre Anstrengungen angesichts der Lage in Goma weiter verstärken.
Menschenrechtsaktivistin: Schlüssel für Frieden ist legale Nutzung der Rohstoffe
Die katholische Menschenrechtsaktivistin Therese Mema warnt vor einer Ausweitung des Konfliktes auch in Richtung von Bukavu, einer angrenzenden Region zu Goma. Gemeinsam mit missio Aachen hatte Mema in der Vergangenheit Traumazentren insbesondere für Frauen aufgebaut. „Frauen gehören zu den ersten Opfern dieses Kriegs, sie sind am verwundbarsten. Sie brauchen besondere Hilfe“, sagte sie heute gegenüber missio Aachen. Den Schlüssel für einen Frieden sieht sie in einer gerechten und legalen Nutzung der Rohstoffe wie Coltan in der Region, deren illegaler Handel für die Herstellung elektronischer Geräte weltweit ein Grund des Krieges ist. „Was mich erschreckt, ist die Untätigkeit und der fehlende Wille der internationalen Gemeinschaft, diesen Konflikten, die eher wirtschaftlicher und politischer Natur sind, ein Ende zu setzen“, sagte Mema.