(Aachen, 25. März 2025) Das katholische Hilfswerk missio Aachen hat heute den Abschlussbericht der im April 2024 beauftragten unabhängigen Untersuchung zu seiner Zusammenarbeit mit Pfarrer Leonhard Meurer (*1916, †1991) veröffentlicht. Die Untersuchung wurde von der Kölner Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Bettina Janssen durchgeführt. Leonhard Meurer wird glaubhaft vorgeworfen, von 1948 (oder früher) bis 1987 mehrfach minderjährige Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Er wurde für diese Taten nie zur Rechenschaft gezogen.
Leonhard Meurer war Priester des Bistums Aachen, arbeitete ab 1941 als Kaplan, ab 1955 als Pfarrer in verschiedenen Gemeinden der Diözese. 1961 versetzte ihn das Bistum Aachen in den Ruhestand. Von da an bis zu seinem Tod 1991 lebte und arbeitete Meurer in den Bistümern Fulda und Trier sowie im Erzbistum Köln. Eine Rückkehr in das Bistum Aachen erfolgte nicht.
Zusammenarbeit missio Aachen mit Leonhard Meurer
Zwischen 1978 und 1988 arbeitete missio Aachen mit Leonhard Meurer punktuell zusammen, ohne dass dieser angestellt war: missio Aachen setzte ihn als Redner bei sogenannten Missionssonntagen ein, finanzierte eine Reise nach Westafrika und übernahm von ihm eine umfangreiche Sammlung von Artefakten („Sammlung Africana“), die in Teilen bis April 2023 bei missio Aachen ausgestellt war. In der Untersuchung sollte geklärt werden, ob bei missio Aachen zum Zeitpunkt der Zusammenarbeit die Vorwürfe gegen Meurer bekannt waren und wie darauf reagiert wurde. Zudem sollte der Umgang mit dem Erbe Meurers, insbesondere mit der Sammlung beleuchtet werden.
Aussagen der Betroffenen wichtiger Beitrag für effektive Präventionsarbeit
Die Untersuchung enthält Aussagen von Betroffenen sexuellen Missbrauchs, die auf beklemmende Weise das Ausmaß des erlittenen Leids, die Schwere der Verbrechen Meurers sowie deren lebenslangen Auswirkungen für Betroffene deutlich machen. Allen sieben Frauen, die sich an der Untersuchung beteiligt und ihre Geschichte erzählt haben, gebührt größter Dank und Respekt. Ihre Aussagen sind ein wichtiger Beitrag für eine zukünftig effektivere Präventionsarbeit.
Verantwortung von missio Aachen
Der Abschlussbericht zeigt, dass die damals bei missio Aachen Verantwortlichen spätestens 1978 Kenntnis von den Missbrauchstaten Meurers gehabt haben mussten und sich dennoch für eine Zusammenarbeit mit ihm entschieden. missio Aachen war damals somit Teil eines kirchlichen Systems des absichtlichen Wegschauens und der Vertuschung. Insbesondere die 1979 von missio Aachen finanzierte Reise Meurers nach Westafrika sowie sein Einsatz bei den Missionssonntagen lasten diesbezüglich schwer. Denn man nahm hier die Gefahr möglicher weiterer Missbrauchstaten durch Meurer in Kauf. Diese damals getroffenen Entscheidungen waren falsch. missio Aachen bedauert dies zutiefst.
Der Umgang von missio Aachen mit der 1979 über Meurer geliehenen bzw. erworbenen Sammlung von Artefakten war aufgrund unzureichender personeller und finanzieller Ressourcen, mangelnder Fachkompetenz und Nachlässigkeit nicht angemessen. Über viele Jahre hinweg ist missio Aachen so auch seiner Verantwortung gegenüber den Artefakten der Sammlung angesichts ihrer kulturellen und spirituellen Bedeutung nicht gerecht geworden.
In diesem Zusammenhang ist auch der teilweise intransparente Umgang von missio Aachen mit der Erzdiözese Koupéla (Burkina Faso), die nach aktuellem Kenntnisstand bis 2005 Eigentümer der Sammlung Africana war, kritisch zu bewerten. Aus diesem Grund sollen gemäß den Empfehlungen von Frau Dr. Janssen die Eigentumsverhältnisse der Sammlung erneut juristisch geprüft werden. Gemeinsam mit Betroffenen sowie Expertinnen und Experten wird über den weiteren Umgang mit der Sammlung beraten.
Für die Vorgänge 2011/2012 rund um die Bitte von Betroffenen bezüglich der Ausstellung in den Räumlichkeiten von missio Aachen trägt die damalige Leitung in unterschiedlicher Weise Verantwortung. Insgesamt wurde mit der durch das Bistum Aachen vermittelten Anfrage, Masken bzw. Skulpturen sowie den Namen Meurers aus der Ausstellung zu entfernen, in Teilen inadäquat und nicht sorgsam genug umgegangen. Zu jener Zeit existierten noch keine transparenten Strukturen und Vorgehensweisen für derartige Fälle im Haus.
Umsetzung der Empfehlungen
Die Feststellung von Frau Dr. Janssen, dass missio Aachen in jüngster Vergangenheit in der Aufklärung des Falls Meurer umsichtig agiert hat, ermutigt dazu, den eingeschlagenen Weg der Aufarbeitung sowie der Interventions- und Präventionsarbeit konsequent fortzusetzen. Dies betrifft die Prüfung und Umsetzung der Empfehlungen aus dem Abschlussbericht ebenso wie den weltkirchlichen Einsatz in diesem Themenfeld. Zum Stand der Umsetzung der Empfehlungen wird missio Aachen voraussichtlich im Frühjahr 2026 informieren.
Dank
Der Dank von missio Aachen gilt vor allem den Betroffenen für ihre Mitwirkung. Außerdem dankt missio Aachen Frau Dr. Janssen und ihrem Team sowie allen Personen, die diese Untersuchung unterstützt haben.