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PRESSEMITTEILUNG

Nigeria braucht faire und freie Wahlen

Nigeria braucht faire und freie Wahlen - das fordern die missio-Partner zu den Präsidentschaftswahlen am morgigen Samstag, 15. Februar. Das Kölner domradio hat dazu mit missio-Pressesprecher Johannes Seibel ein Interview geführt. Hier können Sie es nachlesen.

Schwer bewaffneter Polizist in Nigeria. Foto Bettina Tiburzy/missio

DOMRADIO.DE: Vor der Stimmabgabe an diesem Samstag appellierten die katholischen Bischöfe an die Bürger, sich für freie und faire Wahlen einzusetzen und sich die Stimme keinesfalls abkaufen zu lassen. Der Appell der Bischöfe legt die Vermutung nahe, dass es bei diesen Wahlen nicht immer mit rechten Dingen zugehen könnte. Wie schätzen Sie das ein?

Johannes Seibel: Für die katholische Kirche in Nigeria ist es das oberste Ziel, dass die Wahlen frei und fair ablaufen. Das ist noch wichtiger als das Ergebnis selbst, weil nur freie und faire Wahlen die Demokratie stärken. Das Phänomen des Stimmenkaufs zum Beispiel ist nicht neu, aber es wird in jüngster Zeit verstärkt wahrgenommen. Die Menschen dort "verkaufen" ihre Stimmen nicht wegen eines fehlenden politischen Bewusstseins, sondern weil sie einfach verzweifelt und arm sind. Deshalb ist die Frage der freien und fairen Wahlen für die Kirche ein Lackmustest, wie stark die Demokratie in Nigeria ist.

Die Kirche engagiert sich auch beispielsweise mit Bischof Matthew Kukah im "National Peace Comitee", das eine Absprachen zwischen den wichtigsten Parteien Nigerias vermittelt hat, die Wahlen mit friedlichen Mitteln zu bestreiten. Die Kirche hofft, dass auch nach den Wahlen die Lage ruhig bleibt, weil es durchaus Sorge gibt, dass der amtierende Präsident Buhari - wenn er verliert - diese Niederlage nicht akzeptieren wird.

DOMRADIO.DE: Insgesamt stehen 73 Kandidaten zur Wahl. Einer von ihnen ist der amtierende Präsident Muhammadu Buhari. Der moderate Moslem war unter anderem mit dem Versprechen angetreten, die islamische Terrormiliz Boko Haram im Norden des Landes zu stoppen. Wie erfolgreich war er in dieser Hinsicht?

Seibel: Wenn wir mit unseren missio-Partnern in Nigeria sprechen, dann war er bei der Terrorbekämpfung nicht sehr erfolgreich, auch wenn er es versucht hat. Boko Haram ist immer noch sehr aktiv. Kürzlich ist auf den Gouverneur von Borno, einem Bundesstaat im Nordosten Nigerias, bei einer Wahlkampfveranstaltung ein Anschlag verübt worden. Das zeigt, dass Buhari mit der Terrorismusbekämpfung nicht sehr weit gekommen ist. Auch Dörfer werden weiter überfallen.

Ein Grund dafür ist auch das Militär. Denn für das Militär ist Boko Haram und die Bekämpfung des Terrorismus natürlich immer eine Rechtfertigung dafür zu sagen: "Wir brauchen mehr finanzielle Ressourcen". Diese finanziellen Ressourcen fließen dann erfahrungsgemäß durch Korruption auch in Kanäle, die nicht der Terrorismusbekämpfung dienen. So ist das Militär nicht immer daran interessiert, dass Boko Haram verschwindet.

DOMRADIO.DE: Nun ist Nigeria mit seinen Rohstoffvorkommen ja eigentlich ein reiches Land. Davon profitieren aber nur wenige. Welche Figur hat Buhari denn in Sachen Armutsbekämpfung abgegeben?

Seibel: Auch da sagen unsere missio-Partner durchweg, dass ihm das nicht gelungen ist. Die Armut ist nicht gesunken. Erzbischof Kaigama spricht manchmal sogar ganz verzweifelt davon, dass in Nigeria die Armut ein Monster ist. Das ist auch die Ursache für viele Probleme in Nigeria. Armut ist auch eine der Ursachen für das Aufkommen von Boko Haram im Norden des Landes.

Die Armut verursacht auch Konflikte, die das Land immer mehr beschäftigen: Zum Beispiel zwischen den Hirten aus dem Norden, die zur Volksgruppe der Fulani gehören und Muslime sind und den Bauern, die meistens christlichen Ethnien angehören. Durch die Armut und durch die Klimakatastrophe werden diese Hirten dazu gezwungen, sich neue Wasserstellen zu suchen und das führt zu Konflikten mit den Bauern. Diese Konflikte werden dann wiederum religiös missbraucht und es wird behauptet, dass sei ein religiöser Konflikt. In Wirklichkeit ist es ein ökonomischer Konflikt aufgrund der Armut, die einfach nicht in Nigeria so bekämpft wird wie es sein müsste.

DOMRADIO.DE: Atiku Abubakar, so heißt Buharis ernstzunehmenster Konkurrent. Wofür steht er?

Seibel: Er steht eigentlich für wirtschaftlichen Erfolg. Er hat auch ein großes und erfolgreiches Unternehmens-Konglomerat in den Bereichen Logistik, Öl und Gas aufgebaut. Er hat auch eine Universität, Kindergärten und Schulen gegründet und ist in den Medien aktiv. Insofern ist er für viele auch ein Hoffnungsträger, weil er persönlich erfolgreich ist - unabhängig davon, inwieweit dieser Erfolg auch Korruption zu verdanken ist.

Was für die Kirche und auch für die Christen in Nigeria wichtig ist: Er beschäftigt in seinem Unternehmen Christen und Muslime gleichermaßen. Für ihn spielt Religion insofern keine Rolle und er gilt als liberal.

DOMRADIO.DE: In Nigeria sind etwa die Hälfte der Bevölkerung Muslime, 45 Prozent dagegen sind Christen. Die beiden Favoriten für das Präsidentenamt sind nun aber beide Muslime. Welche Rolle könnte das spielen? Ist das ein Nachteil für die Christen im Land?

Seibel: Die katholische Kirche und unsere missio-Partner versuchen immer wieder in der Öffentlichkeit darzustellen, dass es sich bei politischen Wahlen nicht um eine Frage von Leben und Tod handelt, dass es auch keine religiöse Frage ist - gleichgültig ob der Präsident ein Muslim oder ein Christ ist - und dass es um die Verbesserung der Lebensverhältnisse und des politischen Systems geht. Das heißt, die Frage, ob die religiöse Zugehörigkeit eines Präsidenten negative Auswirkungen auf die Christen hat, ist nicht die wichtigste Frage.

Insofern glaube ich nicht, dass das ein Nachteil für die Christen im Land ist, sondern es geht hier tatsächlich um Politik und nicht um Religion. Das versucht auch die katholische Kirche in Nigeria immer wieder den Wählern und Wählerinnen und den eigenen Gläubigen zu sagen: Lasst es nicht zu, dass eure Religion politisch instrumentalisiert wird. Es ist keine Religionsfrage. Es ist eine politische Frage.

Das Interview     führte Moritz Dege.

Anmerkung: Das Interview wurde von Johannes Seibel noch sprachlich nachbearbeitet.


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Johannes Seibel

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