Wie ist beispielsweise der Umgang der ukrainischen Regierung mit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) zu bewerten, die im Rahmen einer gewissen Autonomie Teil des Moskauer Patriarchates war? Vor dem Hintergrund der Kriegsereignisse und der von Patriarch Kyrill vertretenen Positionen hat sie sich im Mai 2022 einseitig für unabhängig erklärt. Wie konsequent ist diese Loslösung und was bedeutet sie genau? Das ist theologisch und kirchenrechtlich umstritten und wird heftig diskutiert. Auch die ukrainische Regierung verdächtigt die UOK, weiter mit der Russischen Orthodoxen Kirche zu kollaborieren und wirft ihr vor, sich nicht wirklich vom russischen Aggressor zu distanzieren. Die Regierung verstärkt daher seit einiger Zeit den Druck auf die UOK: So hat sie ihr die Nutzung des traditionsreichen Kiewer Höhlenklosters entzogen, sogar ein Verbot der UOK ist im Gespräch. Ist das eine Verletzung der Religionsfreiheit? In der russischen Kriegspropaganda spielt dieser Vorwurf eine wichtige Rolle, um den Angriffskrieg zu legitimieren. Ist der Vorwurf deshalb völlig gegenstandslos?
Falls es tatsächlich problematische Einschränkungen der Religionsfreiheit gibt, wie sollte sich dann die deutsche Politik dazu verhalten? Wie lässt sich eine ggf. berechtigte Kritik an Grundrechtsverletzungen mit der Solidarität für die Ukraine vereinbaren? Und wie sollte sich die katholische Kirche dazu positionieren, vor allem im ökumenischen Dialog mit den verschiedenen orthodoxen Kirchen?
Die katholische Theologin, Orthodoxie- und Osteuropa-Expertin Dr. Regina Elsner wird die wesentlichen Erkenntnisse des aktuellen Länderberichts zur Religionsfreiheit in der Ukraine vorstellen, den sie zusammen mit der ukrainischen Religionssoziologin Iryna Fenno im Auftrag der beiden katholischen Hilfswerke missio Aachen und Renovabis erstellt hat. Im Anschluss diskutieren Frank Schwabe MdB (Beauftragter der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit), Bischof Dr. Bertram Meier (Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz) sowie der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis, über den Umgang von Politik und Kirchen mit der komplexen Konfliktsituation.