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Erzbischof Thomas Menamparampil

Der sanfte Friedensstifter

Ein Mann lauter Worte ist er nicht. Doch wenn er mit leiser Stimme spricht, hören ihm alle zu. Seit mehr als 20 Jahren vermitteln der indische Erzbischof Thomas Menamparampil und sein ökumenisches Friedensteam erfolgreich zwischen verfeindeten Gruppen in Nordostindien. Nicht das Taktieren, Verhandeln und Überzeugen gehören zu seiner Methode, sondern zuhören, Mitgefühl zeigen und für Kompromisse werben.

Die 82 Jahre merkt man ihm nicht an. Mit sicherem Schritt geht er auf Menschen zu. Die Augen hellwach. Er trägt eine einfache weiße Soutane. In einer Pause zwischen zwei Vorträgen an einem kirchlichen Ausbildungszentrum nimmt er sich Zeit für ein Interview über seine Friedensinitiativen im Nordosten Indiens.

Alles beginnt 1996. Ein Konflikt um Land zwischen den Volksgruppen Bodo und Santhal eskaliert. Tausende Menschen kampieren in provisorischen Flüchtlingslagern. Menamparampil ist im Jahr zuvor zum Erzbischof von Guwahati ernannt worden. Er will den verzweifelten Menschen helfen. „Wir beschlossen, dass wir bei unseren Hilfsaktionen mit anderen Kirchen nicht wetteifern wollten“, erzählt Erzbischof Thomas. Er wirbt für Abstimmung. Mit Erfolg. Hilfsorganisationen verschiedener Konfessionen schließen sich zusammen. Jedes Werk leistet, was es am besten kann. Die gemeinsame Hilfe ist so erfolgreich, dass die Konfliktparteien um Vermittlung im Streit bitten.

Ökumenische Friedensteams

So entsteht das erste ökumenische Friedensteam. „Mitglieder waren Leute, die eng mit den Gemeinschaften verbunden waren, die eine Idee von der emotionalen Dimension in den Gemeinschaften hatten“, erklärt der Erzbischof. „Das Friedensteam sprach zuerst getrennt mit den Konfliktparteien. Nicht so, als könnten wir das Problem lösen. Wir hörten ihnen zu, mit Sympathie für ihr Klagen und ihr Leid, ohne zu urteilen.“ Erst danach bringt das Friedensteam die Konfliktparteien zusammen. In einem zweiten Schritt ermutigen sie diese, in die Zukunft zu blicken. Sie sollen sich vor Augen führen, was sie erreichen könnten, wenn das Töten aufhört. Die Kinder können wieder sicher zur Schule gehen. Märkte wieder geöffnet werden.

Dann wirbt das Friedensteam für Kompromisse. „Wenn eine Seite beginnt, bei einem kleineren Anliegen nachzugeben, folgt oft auch die andere Seite“, erzählt der Erzbischof. Schließlich können größere Schritte gemacht werden. „Wir überlassen dann die endgültigen Entscheidungen den politischen Autoritäten, den Regierungen und den beiden Konfliktparteien. Wir wollen nicht diejenigen sein, die entscheiden. Wir ziehen uns zurück.“

Erst zum Schluss wendet sich das Friedensteam dem wichtigen Prozess der Vergebung und Heilung zu. „Manche Friedensstifter beginnen mit ‚Vergebung‘, aber wir arbeiten zum Ende darauf hin. Denn dann erleben die Parteien die Vorteile des Friedens bereits“, erklärt Erzbischof Thomas. So konnten die Friedensteams in den vergangenen Jahren rund ein Dutzend Konflikte zwischen Volksgruppen in Nordostindien lösen. Für seinen Einsatz ist der Erzbischof sogar für den Friedensnobelpreis nominiert worden.

Mittlerweile ist Erzbischof Thomas emeritiert. Sein Terminkalender ist trotzdem voll. Er spricht bei internationalen Konferenzen, unterrichtet Novizinnen und Seminaristen und schreibt Bücher und Artikel. Besonders liebt er es, mit den Menschen in den Dörfern die Messe zu feiern. Natürlich setzt er sich mit seinen ökumenischen Kollegen weiter für Frieden und Versöhnung im Nordosten ein. Manchmal sogar ohne dass die Öffentlichkeit etwas davon mitbekommt. Leise eben.

Bettina Tiburzy

Porträtbild von Erzbischof Thomas Menamparampil, Nordostindien

Erzbischof Thomas Menamparampil

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Erzbischof Thomas Menamparampil

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