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Nordostindien: Völker, Kulturen, Religionen

Nyishi Familie nach einem Gootesdienst in Arunachal Pradesh. Foto: Hartmut Schwarzbach/missio
Nyishi Familie nach einer Messe in Arunachal Pradesh.

In Deutschland ist die Region vor allem wegen des guten Tees bekannt, der in den Teegärten von Assam angebaut wird. Weniger bekannt ist, dass in Nordostindien mehr als 200 indigene Völker leben. Ihre Gesichtszüge erinnern eher an Chinesen oder Burmesen. Auch in Sprache, Kultur und Religion unterscheiden sich die indigenen Gruppen deutlich vom Rest Indiens.

Ein großer kultureller Reichtum. Doch die Völker fühlen sich im eigenen Land häufig als Bürger zweiter Klasse. Denn die Vielfalt im Nordosten wird von der Regierung in Delhi eher als Bedrohung gesehen. Immer wieder kommt es zu Spannungen mit der Zentralregierung und Separationsbewegungen. Auch zwischen den Gruppen selbst entladen sich Konflikte oft gewaltsam.

Sieben Schwesterstaaten

Seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 sind die „sieben Schwesterstaaten“, so werden die sieben Bundesstaaten im Nordosten Indiens genannt, nur über einen schmalen Korridor mit Zentralindien verbunden. Die Mehrheit der rund 45 Millionen Menschen im Nordosten lebt in der Brahmaputra-Ebene des Bundesstaates Assam. Die indigenen Völker siedeln überwiegend in den bergigen Regionen der anderen Staaten.

Religionen

Die Religionszugehörigkeit in den sieben Schwesterstaaten unterscheidet sich teils deutlich vom Rest des Landes. Der Anteil der christlichen Bevölkerung in den sieben Bundesstaaten liegt bei rund 90 Prozent in Nagaland und einer kleinen Minderheit von vier Prozent in Assam. In Nagaland, Meghalaya und Mizoram sowie der Bergregion Manipurs gehört die Mehrheit der Bevölkerung dem Christentum an. Überwiegend sind es protestantische Gemeinschaften. Die Einwohner der Ebenen Assams, Tripuras und des Manipur-Tals sind mehrheitlich Hindus.

Die Religionszugehörigkeit ist zuletzt in einer Volkszählung 2011 erfragt worden. Die nächste Volkszählung in Indien findet 2021 statt.

Verteilung der Religionen nach Bundesstaaten

Wachsende Kirche

Auch die Mehrheit der Christen gehört zu den indigenen Gemeinschaften. Der Anteil der christlichen Bevölkerung in den sieben Bundesstaaten bewegt sich zwischen rund 90 Prozent in Nagaland und einer kleinen Minderheit von vier Prozent in Assam. Überwiegend sind es protestantische Gemeinschaften. Die katholische Kirche ist hier erst seit 1890 dauerhaft präsent. Trotzdem wächst sie vergleichsweise schnell. Mit ihrer Arbeit in den Bereichen Bildung und Gesundheit und ihren Initiativen für Frieden und Dialog hat sie sich viel Anerkennung erworben.

Hilfe für Flutopfer in Assam

Zudem engagiert sich die Kirche für die Opfer der Flut, die im Juli 2019 große Gebiete Assams überschwemmte. 5,7 Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. 150.000 Bewohner müssen jetzt in Lagern leben. Viele Menschen fanden in kirchlichen Schulen und Gemeindehäusern Zuflucht. Immer wieder kommt es in der Region während der Monsunzeit zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen.

Einheimischer Nachwuchs

Noch stammt die Mehrheit der Priester und Bischöfe aus anderen Teilen Indiens, doch der einheimische Nachwuchs rückt nach. Die meisten Ordensschwestern stammen bereits heute aus dem Nordosten. Viele von ihnen arbeiten als „Touring Schwestern“. Als „Touring“ bezeichnen sie die mehrtägigen Einsätze, in denen Ordensfrauen von Dorf zu Dorf wandern, Hausbesuche machen, mit den Menschen beten und medizinische Hilfe leisten. In der unwegsamen Region Nordostindiens nehmen sie große Mühen auf sich, um das zu leben, woran sie aus tiefstem Herzen glauben.

Die ausgebildete Krankenschwester arbeitet auch als "Touring Sister". Foto: Hartmut Schwarzbach/missio
Schwester Agnes Haokip gehört zur indigenen Volksgruppe der Kuki. Die ausgebildete Krankenschwester arbeitet auch als "Touring Sister".

Volksgruppen in Nordostindien

Der überwiegende Teil Nordostindiens ist bergig. Diese Regionen sind kaum von der Sanskrit-Kultur Zentralindiens durchdrungen. Die hier lebenden indigenen Volksgruppen haben ihrem Äußeren, ihren Sprachen und ihren Gebräuchen nach eher Gemeinsamkeiten mit den Einwohnern benachbarter Länder wie China, Myanmar, Thailand oder der Mongolei.

Die Brahmaputra-Ebene Assams steht kulturell dem Rest Indiens nahe, genau wie Südassam und Tripura. Sie sind historisch der Großregion Bengalen zuzurechnen. In den Teeplantagen leben und arbeiten Völker, die unter dem Oberbegriff „Adivasi“ bezeichnet werden.   

Wer sind die Adivasi?

In ganz Indien gehören rund 700 indigene Volksgruppen zu den Adivasi, Sanskrit für „erste Siedler“. Diese Urvölker sind die Nachfahren indischer Ureinwohner, die schon vor der Invasion von Hirtenvölkern aus Zentralasien vor 3500 Jahren den indischen Kontinent besiedelten. Im Nordosten Indiens werden heute die indigenen Volksgruppen, die vor rund 150 Jahren von der britischen Kolonialmacht umgesiedelt wurden, als „Adivasi“ bezeichnet.

Mitte des 19. Jahrhunderts versprachen die Briten nach Hungersnöten in Zentralindien tausenden Menschen eine bessere Zukunft im Nordosten Indiens. Doch einmal in Assam angekommen, mussten die Menschen den dichten Urwald roden und Teeplantagen anlegen. Die einheimische Bevölkerung hatte sich geweigert, die Knochenarbeit zu verrichten. Seither arbeiten Generationen von Adivasi in den Teegärten, oft in großer Abhängigkeit zu den Plantagenbesitzern.

 

Bilderschau: Völker in Nordostindien

Foto: Hartmut Schwarzbach/missio

Willkommenstanz bei den Nyishi in Arunachal Pradesh

Der 81-jährige Kame Taku begrüßt Gäste mit einem von ihm selbst verfassten Lied: „An diesem hellen Tag heißen wir unsere Gäste im Namen Jesu willkommen." Dazu tanzen Mitglieder des Nyishi-Volkes den Willkommenstanz „Bhuya".

So begrüßt die Volksgruppe der Nyishi ihre Gäste

Takus Sohn Stephen hat Gäste zur Einweihungsfeier seines neuen Hauses geladen. Vater und Sohn sind Mitglieder der katholischen Kirche. Stephen arbeitet an einer Neuübersetzung der Bibel mit. Im Bundesstaat Arunachal Pradesh sind die Nyishi die größte indigene Volksgruppe. Unter ihnen gibt es viele Katholiken.