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Verleihung des Aachener Friedenspreises 2021

Große Freude bei unseren nigerianischen Projektpartnerinnen, den "Müttern für den Frieden" aus Kaduna. Sie sind die überglücklichen Preisträgerinnen des Aachener Friedenspreises 2021. Am 13. November 2021 ist ihnen der Preis in Aachen verliehen worden. Auch zwei deutsche Initiativen wurden ausgezeichnet: die "Initiative 19. Februar Hanau" und die "Bildungsinitiative Ferhat Unvar".

Es war ein sehr bewegender Abend. Die Nigerianerinnen und die Hanauerinnen haben sich wunderbar verstanden. Gratulation an alle drei Initiativen!

Hier einige Impressionen vom Wochenende rund um die Preisverleihung.

Unterstützen Sie die Mütter für den Frieden

Women's Interfaith Council

Mütter für den Frieden

Sie wollen nicht länger Opfer sein. Die „Mütter für den Frieden“ setzen sich seit 2010 in der Krisenregion Kaduna für ein gewaltfreies Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen ein. Viele der Frauen sind Witwen, die mitansehen mussten, wie ihre Ehemänner und Kinder ermordet wurden. Gemeinsam wollen sie den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen.

Seit mehr als vier Jahrzehnten entladen sich im Bundesstaat Kaduna in der nördlichen Mitte Nigerias » immer wieder gewaltsame ethnisch-religiöse Konflikte. Tausende Menschen haben dabei ihr Leben verloren. Die Gewalt hat das einst gute Verhältnis zwischen den beiden Religionsgemeinschaften schwer beschädig.

Gezielt wenden sich die Christinnen und Musliminnen der Friedensinitiative gegen den Missbrauch ihrer Religion für politische Zwecke. Das Women’s Interfaith Council, kurz WIC genannt, besteht aus 23 christlichen und muslimischen Frauenverbänden. Es ist eine von Laiinnen getragene Initiative mit insgesamt rund 12.650 Frauen. Die Nigerianerin Schwester Veronica Onyeanisi übernahm 2019 die Hauptgeschäftsführung. Elizabeth Abuk ist die christliche Koordinatorin und die Muslimin Amina Kazaure leitet das Gesamtprogramm.

Nach Anschlägen auf Dorfgemeinschaften oder Einzelpersonen suchen christliche und muslimische Frauen von WIC Betroffene auf und kümmern sich um die Opfer. Sie leisten emotionalen Beistand und organisieren Hilfe – soweit ihnen das ihre begrenzten Mittel ermöglichen.

Neben diesen Einsätzen vor Ort organisiert WIC jedes Jahr ein umfangreiches Programm mit zahlreichen Workshops für Frauen, Jugendliche und Religionsführer, um präventiv Gewalt zu verhindern. Die Initiative wird von missio unterstützt.

Themen sind Friedensbildung, Konfliktanalyse und -transformation genauso wie interreligiöse Verständigung. Die „Mütter für den Frieden“ sind überzeugt, dass ein friedliches Zusammenleben in Kaduna möglich ist. Die Frauen wollen dafür sorgen, dass es gelingt.

- Bettina Tiburzy

Passion for Peace

Interreligiöse Initiativen in Nigeria setzen sich für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen ein - auch gegen den Missbrauch der Religion.

Mütter für den Frieden

Online Kerze anzünden und Solidarität mit den Frauen in Nordnigeria zeigen missio

#meinlichtfuereuch

Sie können Ihre Solidarität mit den „Müttern für den Frieden“ auch ausdrücken, indem sie online eine Kerze anzünden. Machen Sie mit!

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Unterstützen Sie die Mütter für den Frieden

Schwester Veronica Onyeanisi

Schwester Veronica Onyeanisi mit Opfern der Gewalt in Kaduna in Nigeria Foto: Hartmut Schwarzbach/missio
Schwester Veronica Onyeanisi (links) kümmert sich auch um Opfer der Gewalt und leistet Beistand.

Vertrauen aufbauen

Gegenseitiges Misstrauen überwindet man am besten durch Begegnung und gute Erfahrungen. Dafür bietet WIC ein umfangreiches Programm, das Schwester Veronica Onyeanisi seit 2019 leitet. In der interreligiösen Initiative haben sich 12.650 Frauen zusammengeschlossen. Gemeinsam lernen sie, Konflikte zu analysieren und friedlich zu lösen. Zum Programm gehört auch, mehr über die eigene Religion und die der anderen zu lernen. Eigentlich kommt Schwester Veronica aus dem Süden Nigerias. Dort hatte sie zuvor als Lehrerin und in der Förderung von Frauen und Jugendlichen gearbeitet. Kurz nach ihrer Ankunft in Kaduna erschütterte eine Welle der Gewalt zwischen muslimischen Viehhirten und christlichen Bauern die Region. Viele der Frauen verloren Angehörige und ihr ganzes Hab und Gut. Christliche und muslimische Frauen, die im Rahmen der WIC-Initiative zuvor miteinander Handwerke wie Seifenherstellung oder Perlenstickerei erlernt hatten, gingen sich plötzlich aus dem Weg. „Alle sagten, wir könnten sie nicht wieder zusammenbringen“, erinnert sich die 54-Jährige. Doch die Ordensfrau ließ nichts unversucht. Nach einem ersten Treffen erzählten die Frauen ihren Familien zu Hause: „Wir haben uns gut verstanden. Wir sehen jetzt, dass diese Frauen gut sind.“ Schwester Veronica ist zufrieden. Sie ist überzeugt, dass die Frauen bald wieder ohne Misstrauen zusammenarbeiten werden.

 

Hajiya Amina Kazaure

Foto: Hartmut Schwarzbach/missio
Hajia Amina Kazaure wehrt sich gegen den Missbrauch ihrer Religion für politische Zwecke.

Mit einer Stimme sprechen

Sie sprüht vor Energie und liebt das offene Wort. Hajiya Amina Kazaure, Programmkoordinatorin des WIC, bringt Dinge gerne auf den Punkt: „All die Krisen sind aus meiner Sicht nicht religiös motiviert. Tatsächlich geht es um soziale, wirtschaftliche und meist politische Interessen. Religion wird als Deckmantel genutzt.“ Im Christentum und im Islam sieht die Muslimin mehr Verbindendes als Trennendes. „Weder das Christentum noch der Islam unterstützt, dass Gläubige entmenschlicht oder erniedrigt werden. Wir haben gemeinsame Werte. Sie alle führen uns zum Frieden“, erklärt Kazaure. Sie selbst stammt aus einer großen Familie. Ihr Vater legte Wert darauf, dass auch die Mädchen eine gute Bildung erhielten. Kazaure hat studiert, setzt sich seit vielen Jahren für die Rechte von Frauen ein. Sie ist davon überzeugt, dass muslimische und christliche Frauen gemeinsam mehr Veränderung bewirken können. Im Alltag kämpfen sie gegen dieselben Probleme: gegen Armut, mangelnde Mitsprache bei Entscheidungen, Gewalt. „Wenn wir Frauen zusammenstehen, mit einer Stimme sprechen, können wir die wahren Konfliktursachen benennen und Probleme lösen“, erklärt sie und ist überzeugt: „Frauen sind Impulsgeber. Sie haben eine starke Stimme und sollten bei Entscheidungen eine wichtige Rolle spielen. Männer müssen das anerkennen.“

Elizabeth Majinya Abuk

Foto: Hartmut Schwarzbach / missio
Elizabeth Abuk (links) gibt trotz schwerer Schicksalsschläge nicht auf. Sie setzt sich weiter für den Frieden in ihrer Heimat ein.

Leidenschaft für den Frieden

Es war der schrecklichste Tag in ihrem Leben. Der Tag, an dem Elizabeth Majinya Abuk ihre Schwester verlor. Ermordet zusammen mit ihren vier Kindern und ihrem Ehemann. Abuk ist überzeugte Katholikin. Viele Jahre arbeitete die 64-Jährige in einer Bank, ging in die Politik, setzte sich für Frauenrechte ein. Sie ist eine der Mitbegründerinnen der interreligiösen Fraueninitiative WIC. Doch der Tod ihrer Schwester am 14. März 2014 stellte plötzlich all ihre interreligiöse Arbeit infrage. „Ich konnte nicht weitermachen. So traurig und wütend war ich. Es gab keinen Grund mehr, über Frieden zu reden“, erinnert sie sich. „Vergesst es, sagte ich den Frauen, die mit mir im WIC zusammenarbeiteten.“ Der Konflikt zwischen Hirten und Bauern um Land hat im Bundesstaat Kaduna Tausende Menschen das Leben gekostet. Da die Hirten meist Muslime und die Bauern oft Christen sind, führt die Gewalt zu Misstrauen zwischen den Religionsgruppen. Die Frauen vom WIC setzen dem etwas entgegen, auch durch gemeinsames Trauern. Nach dem Verlust ihrer Schwester riefen viele von ihnen Elizabeth Abuk an und trösteten sie. „Die ganze Woche klingelte das Telefon, der Bischof, Schwestern, viele andere“, erzählt sie. „Schließlich war es mein Mann, der mir riet, Mut zu fassen und weiterzumachen. Ich habe eine Weile gebraucht, um mit mir ins Reine zu kommen. Ich akzeptiere den Willen Gottes. Ich habe eine Leidenschaft für den Frieden. Ich mache weiter.“