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Mauretanien: Von den Liebsten abgeschnitten

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Katja Nikles befragte Pater Victor Ndione zur aktuellen Situation in Mauretanien.

Wie hat die Covid-19-Pandemie das Leben der Menschen in Ihrem direkten Umfeld (in Ihrer Nachbarschaft) verändert?

Mit der Krise haben sich viele Menschen von einem Tag auf den anderen ohne Arbeit und folglich ohne Einkommen wiedergefunden. Am meisten betroffen sind Lehrkräfte, Personal in Restaurants, Läden und Hotels, Leute, die Kurierdienste anbieten, Arbeiter sowie alle, die im informellen Sektor arbeiten. Die Pandemie hat – wie in anderen Ländern – fast die gesamten sozio-ökonomischen Aktivitäten zum Erliegen gebracht, sodass ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen.

In religiöser Hinsicht war es kaum besser. Moscheen und Kirchen waren lange geschlossen. Auch wenn es nun wieder erlaubt ist, Gottesdienste zu feiern, ist wegen der Präventivmaßnahmen nichts mehr so wie vorher.

Die Ausgangssperre, die von März bis Anfang Juli herrschte, hat es den Menschen unmöglich gemacht, ihren Freizeitaktivitäten nachzugehen und Feiern wie Hochzeiten oder Taufen abzuhalten. Durch die Grenzschließungen waren einige Familien für viele Wochen getrennt. Aktuell ist es zwar möglich, sich zwischen den verschiedenen Regionen des Landes zu bewegen, aber die internationalen Grenzen bleiben weiter geschlossen. So sind diejenigen, die in Mauretanien leben und den Rest ihrer Familie in benachbarten Ländern haben, von ihren Liebsten abgeschnitten.

 

Welche Auswirkungen wird die Pandemie in den nächsten Monaten für Ihr Land haben?

Die beschriebenen Veränderungen bleiben natürlich nicht ohne Konsequenzen. Da gibt es diejenigen, die jegliche Einkommensmöglichkeit verloren haben. Sie haben Bedarf an Nahrung, Gesundheit und Hygiene. In diese Richtung gingen die ersten Bitten von Bedürftigen der Kirche gegenüber. Wir haben versucht, darauf zu reagieren, indem wir Lebensmittel verteilt und zur Gesundheitsvorsorge und Hygiene beigetragen haben.

Dazu kommen nun vor allen Dingen Ausländer, die ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Eine große Zahl von ihnen ist davon bedroht, ihre Unterkunft zu verlieren, da die Besitzer von der Miete leben. Diese Situation wird sich nicht so schnell ändern, das ist uns bewusst. Der Bischof erinnert alle, die im karitativen Bereich tätig sind, fortlaufend an diejenigen, die durch die Pandemie noch verletzbarer geworden sind.

 

Welche Bedeutung hat der Glaube für die Menschen in den Zeiten der Pandemie?

Was den Glauben betrifft, so war die Zeit der Pandemie eine Gelegenheit, um zu reifen. Für diejenigen, die die Messe manchmal als einfache Routine erlebt haben, war die Zeit in gewisser Weise die Gelegenheit zur Reinigung und Erneuerung. Wir erleben eine geistige Veränderung: Die Menschen zeigen eine tiefe Sehnsucht danach, die Sakramente zu leben. Die Tatsache, dass es während vieler Wochen keine Eucharistie gab, hat einen spirituellen Durst hervorgerufen, den viele offen zum Ausdruck gebracht haben. Auch haben viele Gläubige, die sonst alles von ihren Pastoren erwarten, mit großem Engagement ihre persönlichen Gebete abgehalten. In dieser Zeit der Pandemie ist die spirituelle Gemeinschaft zwischen den Gläubigen gewachsen. Moderne Kommunikationsmittel haben dazu beigetragen, Kirche in der Welt von heute zu sein.

Foto: missio

Pater Victor Ndione lebt in Mauretanien und ist Mitglied des von missio initiierten Netzwerks Religionsfreiheit in der MENA-Region, das heißt in Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten. Nähere Informationen zum Netzwerk Religionsfreiheit finden Sie hier ».


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