Das interreligiöse Jugendprogramm YOUNIB in Nairobi bietet Jugendlichen die Möglichkeit, sich kreativ in Musik, Tanz und Film auszuprobieren. Doch vor allem bietet es für viele der jungen Menschen die Chance, Gemeinschaft mit Gleichaltrigen jenseits von Gangkriminalität und Drogen zu erleben.
Jedes Wochenende macht sich Joseph M. in eine andere Welt auf. Der 22-Jährige steigt in eines der Sammeltaxis in seinem Viertel Dandora im Osten Nairobis. Dort lebt er mit seiner alleinerziehenden Mutter und vier Geschwistern, nahe der größten Müllkippe der Hauptstadt Kenias. Von Dandora fährt er in einen Vorort Nairobis und trifft sich mit Gleichaltrigen der Jugendinitiative YOUNIB.
Viele der Jugendlichen von YOUNIB kommen wie Joseph aus ärmeren Stadtvierteln Nairobis. Dort bestimmen Gangs und Drogen häufig den Alltag. Wer sich dem entziehen möchte, hat es schwer. Die kriminellen Banden zwingen junge Männer, mitzumachen. Bislang konnte Joseph ihnen aus dem Weg gehen. Nachts verlässt er nie das Haus. Tagsüber sucht er auf der Müllkippe nach Essensresten für Schweine. Er füllt sie in einen Sack und sammelt leere Plastikfalschen in einem anderen.
Die interreligiöse Jugendinitiative YOUNIB engagiert sich für ein friedliches Zusammenleben in Kenia und wirbt auch mit ihrem TV-Sender YOUNIB TV für den friedlichen Verlauf von Wahlen. In der Vergangenheit hatte es im Umfeld von Präsidentschaftswahlen immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen gegeben. Dabei hatten sich auch Jugendliche für politische Zwecke instrumentalisieren lassen. 2007 kamen mehr als 1000 Menschen ums Leben. Über 300.000 Menschen mussten fliehen.
YOUNIB nutzt alle Plattformen, um aktiv vor den Gefahren politischer Aufwiegelung zu warnen und für den Frieden zu werben.
An guten Tagen lassen sich damit 4 Euro verdienen, an schlechten nur 80 Cent. Joseph tut alles, um seiner Familie zu helfen. Nebenher studiert er Film, denn er hat einen Traum: „Ich liebe es, mit der Kamera zu arbeiten. Ich möchte Filme produzieren oder im Filmbusiness arbeiten.“
Um für junge Menschen, die im Einfluss von Gangs, Drogen und Prostitution stehen, Alternativen zum Leben zu finden, hat Pater Serge Patrick 2012 das interreligiöse Jugendprogramm ins Leben gerufen. YOUNIB, das bedeutet „Youth Network for Interreligious Brotherhood“. 120 junge Erwachsene und rund 2000 Schülerinnen und Schüler machen mit. „Die Jugendlichen haben so viel Energie, so viel Kreativität“, schwärmt Pater Patrick. „Mit YOUNIB wollen wir diese Kraft konstruktiv nutzen. Ansonsten kann sie sich schnell in etwas Zerstörerisches wandeln.“
YOUNIB bietet Aktivitäten wie einen Chor, Sport oder Tanz. Pater Patrick leitet die Tanzworkshops. Er ist ein ausgebildeter Tänzer. Bevor er sich entschied, Priester zu werden, arbeitete er als Choreograf. Regelmäßig besucht YOUNIB auch Schulen oder Heime für Straßenkinder und führt dort Workshops durch. Oft bringen die YOUNIB-Mitglieder den Straßenkindern Lebensmittel oder Hygieneartikel mit, obwohl sie selbst aus armen Verhältnissen kommen. Doch sie wollen das wenige, was sie haben, mit anderen teilen.
Neben den Aktivitäten unterhält die Jugendinitiative ein professionelles Musik- und TV-Studio, mit dem sie auf Sendung gehen und eigene Filme und Musikvideos produzieren. Es gibt den Jugendlichen die Chance, sich in Bereichen, die sie besonders interessieren, zu erproben.
An der Filmschule darf Joseph die Kameras nicht ausleihen. Die Verantwortlichen haben Angst, sie könnten ihm in seinem Viertel geraubt werden. Bei YOUNIB kann er ohne Angst den Umgang damit erproben. Er kann gemeinsam mit anderen an Filmprojekten arbeiten und lernt über YOUNIB Profis aus der Filmbranche kennen. „Ohne YOUNIB wäre ich wahrscheinlich längst Mitglied in einer Gang“, sagt Joseph. Jetzt hofft er, eines Tages bei einer großen Filmproduktionsfirma zu arbeiten. „Dann möchte ich auch anderen jungen Filmemachern helfen, ihre Träume zu verwirklichen.“