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Eine Talentschmiede für die Theologie des Globalen Südens feiert 50. Geburtstag

Ein einflussreiches Netzwerk der Theologie des Globalen Südens verändert das Gesicht der Weltkirche bis heute: Vor fünfzig Jahren wurde das Missionswissenschaftliche Institut im missio e.V. (MWI) in Aachen gegründet. Das MWI feierte das Jubiläum mit einem dreitägigen Kongress, der am Freitag, 19. November 2021, endete.

 

Foto: Heike Lachmann
Michaela Pilters (links) moderiert den Kongress des Missionswissenschaftlichen Institutes im missio e.V. zum 50. Geburtstag der Einrichtung. Heutige und frühere Stipendiatinnen und Stipendiaten diskutierten vom 17. bis 19. November 2021 in Aachen und per Internetzuschaltung aus aller Welt über die Rolle der Theologie heute im Globalen Süden.

Das MWI, eine Einrichtung des katholischen Hilfswerkes missio Aachen, fördert junge Theologinnen und Theologen aus Afrika, Asien und Ozeanien bei der Promotion und Forschungsvorhaben. In diesem Jahr wurden für 78 Stipendien rund 840.000 Euro bewilligt. Sie studieren und forschen damit sowohl in ihren Heimatländern, als auch an Universitäten in Europa. Daneben organisiert das MWI internationale Konferenzen, beteiligt sich an interkulturellen Forschungsprojekten, der Verbesserung der Ausstattung von kirchlichen Universitäten und Bibliotheken oder vergibt Druckkostenzuschüsse. So begleitete das MWI in den vergangenen Jahren die Kirche in Afrika, Asien und Ozeanien auf dem Weg von einer zunächst durch europäische Missionare geprägten Kirche hin zu einer Kirche, in der das Christentum neu und stärker aus der eigenen Kultur und Tradition begründet wurde.

MWI-Stipendiat Kardinal Tagle leitet heute die Kongregation für die Evangelisierung der Völker

Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen, würdigt zum 50-jährigen Jubiläum die Arbeit des MWI als eine „besondere, eine einmalige Institution für den akademischen Austausch der Weltkirche, der aber nie nur akademisch ist“. Denn die Stipendiatinnen und Stipendiaten sind junge talentierte Menschen aus dem Globalen Süden, die durch diese Förderung ihrer Ausbildung zukünftig Einfluss auf die kirchliche und gesellschaftliche Entwicklung in ihrer Heimat haben, damit sich das Leben aller Bürgerinnen und Bürger verbessert. „Genau das gehört zum Grundanliegen von missio“, so Bingener.

Frauen mit MWI-Förderung drängen in Männerdomänen vor

Der Erfolg dieser Förderung hat prominente Gesichter. Luis Antonio Kardinal Tagle aus den Philippinen zum Beispiel war ein Stipendiat des MWI und leitet heute als Kardinalpräfekt die Kongregation für die Evangelisierung der Völker in Rom. Die MWI-Stipendiatin Souraya Bechealany war in einer von Männern geprägten Welt die erste Generalsekretärin im „Ökumenischen Rat der Kirchen im Nahen und Mittleren Osten“ (MECC). Als erste afrikanische Frau und Ordensschwester wurde die MWI-Partnerin Dr. Josée Ngaula aus dem Kongo kürzlich in die „Internationale Theologische Kommission“ des Vatikans berufen. So soll die Vision des Institutes Schritt für Schritt Wirklichkeit werden: „Die Führungskräfte der Kirche von morgen leben in Afrika und Asien“. Weitere MWI-Stipendiatinnen und Stipendiaten sind heute als Universitätslehrerinnen und Lehrer, Bischöfe oder in anderen leitenden Positionen in Kirche und Gesellschaft tätig.

MWI-Direktor Professor Suermann: Kulturelle Vielfalt des Christentums nicht als Gefahr, sondern Chance sehen

„Die Debatten darüber, welches Gesicht die Kirche in einem jeweils anderen kulturellen Kontext auf der Welt haben und wie das Christentum auf ganz vielfältige Art gelebt werden kann, inspirierten und verbanden uns in den vergangenen 50 Jahren. Ich hoffe, dass uns das auch in den nächsten 50 Jahren verbindet und die kulturelle Vielfalt des Christentums nicht als Gefahr, sondern als Chance gesehen wird“, sagte Professor Harald Suermann, Direktor des MWI, zum Jubiläum. „Wenn ich unsere jungen Stipendiatinnen und Stipendiaten sehe, dann bin ich da aber voller Hoffnung“, so Suermann.

MWI-Stipendien für den Kampf gegen den Missbrauch an Minderjährigen in der Kirche

Gegründet wurde das MWI im November 1971 in der Aufbruchstimmung des Zweiten Vatikanischen Konzils. In den 1970er Jahre machte das MWI die theologischen und philosophischen Aufbrüche in Afrika, Asien, Lateinamerika und Ozeanien in Europa bekannt. In den 1980er Jahren vernetzte das Aachener Institut Theologinnen und Theologen über alle Kontinente hinweg. Seit der Jahrtausendwende widmet sich das MWI verstärkt den Auswirkungen der Globalisierung und thematisiert Fragen wie die des Verhältnisses von Religion und Gewalt, den Folgen von Migration oder dem Einfluss indigener Theologien in einer zunehmend vereinheitlichten Weltgesellschaft. Heute stehen Themen wie die Förderung von Frauen in der Weltkirche oder die Prävention des Missbrauchs von Minderjährigen auf der Agenda. Hier arbeitet das MWI verstärkt mit dem Institut für Anthropologie und interdisziplinäre Studien unter Pater Hans Zollner SJ zusammen. Mit Hilfe von MWI-Stipendien können dort junge Theologinnen und Theologen aus dem Globalen Süden forschen, um beispielsweise im Kirchenrecht und anderen Fächern ein Fachwissen zu erlangen, sodass sie in ihren Ortskirchen den Kampf gegen den Missbrauch vorantreiben können.

Seinen 50. Geburtstag feierte das MWI mit einem dreitägigen Kongress, der am Freitag, 19. November, endete. Moderiert hat den Kongress die frühere ZDF-Journalistin Michaela Pilters. Thema war „Vom Sinn und Zweck der Theologie. Kontexte und Methoden theologischer Vermittlung in Afrika und Asien“.


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Johannes Seibel

Leiter der Stabsstelle Presse & Kommunikation
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