Der katholische Bischof und missio-Partner Stephen Dami Mamza setzt im Nordosten Nigerias ein außergewöhnliches politisches Zeichen: Er baut ein Dorf für christliche und muslimische Binnenflüchtlinge. Dabei finanziert das katholische Bistum Yola sogar eine Moschee, das katholische Hilfswerk missio Aachen unterstützt den Bau einer Kirche, Schule und von 86 Wohnhäusern. Mit einer großen Feier haben die Geflüchteten jetzt das Dorf bezogen. Das Projekt sorgt in Nigeria landesweit für Aufsehen.
„Das Dorf gibt nicht allein Geflüchteten eine neue Heimat, sondern bringt Christen und Muslime in einer schwierigen gesellschaftlichen Lage zusammen, damit sie Vorurteile, Ängste und Traumatisierungen gemeinsam abbauen und überwinden können“, sagt Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen. „Damit zeigt Bischof Mamza eindrucksvoll, wie Religion aktiv zu Versöhnung und Frieden beitragen kann“, so Bingener weiter.
Der Vielvölkerstaat Nigeria wird derzeit von den Folgen des Terrors der islamistischen Gruppe Boko Haram, intensiver Entführungs- und Bandenkriminalität oder religiös aufgeladener Gewalt zwischen verschiedenen Ethnien erschüttert. Insbesondere im Norden prägen Spannungen und Misstrauen das Zusammenleben von Christen und Muslimen.
„Deshalb ist das Projekt ein außerordentliches Zeichen praktisch gelebten interreligiösen Dialoges. Unsere kirchlichen Partner hoffen, dass sich durch ihre Geste des Moscheebaus nun auch muslimische Autoritäten und Politiker ermutigt fühlen, ihrerseits offener auf christliche Gemeinschaften zuzugehen und deren Alltag zu erleichtern“, sagt Pfarrer Bingener. Denn die Christinnen und Christen erleben im Norden immer wieder Diskriminierung, Behörden verhindern beispielsweise die Errichtung von Kirchen.
Der Bau der Moschee in dem neuen Dorf durch die katholische Diözese Yola löste in der Öffentlichkeit und den Sozialen Medien Nigerias landesweite Debatten aus. „Seit einigen Tagen diskutieren wir heftig“, berichtet Bischof Mamza gegenüber missio Aachen. Auch unter Christinnen und Christen sei das Projekt teils umstritten. Er gebe darauf immer folgende Antwort, so Bischof Mamza: „Ich bin ein Christ, ein Bischof und ein Seelsorger und deshalb darf ich niemandem das Recht verweigern, seinen Glauben auf seine Weise zu praktizieren.“ Die muslimischen Familien in der neuen Dorfgemeinschaft hätten das Recht, in einer Moschee ihren Glauben zu praktizieren. „Das ist eine Frage der Religionsfreiheit, die in dem säkularen Staat Nigeria garantiert ist, dafür setzen wir uns ein“, so Bischof Mamza weiter. Das gelte für Muslime und Christen gleichermaßen. „Es gibt viele Regionen in Nigeria, in denen Christen keine Kirchen bauen oder Land erwerben können, das darf auch nicht sein – und deshalb will ich mit dem Moscheebau ein Zeichen setzen, dass auch dies möglich wird“, betont Bischof Mamza in seinen Debattenbeiträgen.
Zum Hintergrund: Vor wenigen Jahren nahm Bischof Mamza rund 3.000 vor dem Terror von Boko Haram geflüchtete christliche und muslimische Familien auf dem Kirchengelände seines Bistums in Yola auf. Für die Binnenflüchtlinge wurde auch mit Unterstützung von missio Aachen ein provisorisches Camp errichtet. Mittlerweile konnte eine Mehrzahl der Geflüchteten wieder in ihre Heimatdörfer zurückkehren. Es gab aber noch 86 Familien, die aus Gebieten kommen, in denen Boko Haram immer noch sehr aktiv ist. Für sie ist nun das Dorf mit 86 Wohnhäusern, einer Schule, einer Kirche und einer Moschee errichtet worden. Das Dorf ist an ein schon bestehendes Dorf angegliedert worden.
Pfarrer Bingener selbst war zur Eröffnung des Dorfes eingeladen, konnte aber wegen der Corona-Pandemie nicht nach Nigeria reisen. Er schickte dafür eine Video-Grußbotschaft. Im Januar 2020 hatte er den Baubeginn des Dorfes noch in Nigeria selbst erlebt.
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Hinweis: Wir stellen Ihnen gerne Interviewpartner und weitere Hintergründe zu diesem außergewöhnlichen Projekt für Ihre Berichterstattung zur Verfügung. Druckfähiges Bildmaterial finden Sie nachfolgend.