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PRESSEMITTEILUNG

„Du wirst als nächste Hexe verbrannt“

Papua-Neuguinea: Morddrohungen gegen Ordensfrau - Internationaler Tag gegen Hexenwahn am 10. August

Margret ist Überlebende einer „Hexen“-Verbrennung 2012 in der Nähe von Mendi, südliche Hochebene in Papua Neuguinea Foto: Bettina Flitner / missio
Margret ist Überlebende einer „Hexen“-Verbrennung 2012 in der Nähe von Mendi, südliche Hochebene in Papua Neuguinea

Der Internationale Tag gegen Hexenwahn am 10. August macht darauf aufmerksam, wie verbreitet Hass und Aberglaube bis heute sind. In über 40 Ländern befinden sich Frauen, aber auch Männer und Kinder in Lebensgefahr, weil sie als angebliche Hexen verteufelt und verfolgt werden. Die katholische Ordensschwester Lorena Jenal rettet Frauen aus den Fängen der Folterer und muss selbst um ihr Leben fürchten.

Wenn Eltern sich für jenen Namen entscheiden, den sie ihrem Kind geben, sind damit zumeist prägende Geschichten und Assoziationen verbunden. Der ursprünglich aus dem Lateinischen stammende Name Lorena verbreitet sich seit Jahren im entlegenen Hochland von Papua-Neuguinea. „Über 50 Mädchen wurden auf meinen Namen getauft”, berichtet die Schweizer Missionarin Lorena Jenal. Genau in diesen Dörfern hat die Ordensfrau einen tiefen Eindruck hinterlassen als selbstlose Helferin der Nächstenliebe.  Als „Mutter Teresa von Papua-Neuguinea” wurde sie in einem Zeitungsartikel bezeichnet. Sie selbst mag diesen Vergleich nicht, aber es zeigt, wie die Menschen sie sehen und schätzen. Bei so viel Anerkennung hatte sich Schwester Lorena Papua-Neuguinea immer sicher und respektiert gefühlt.

Mit Sorge und Schrecken sieht sie, wie sich in den letzten Jahren die gefährliche Mischung von Aberglauben, Hass und Gewalt verbreitet. Oft bleibt im Verborgenen, welche Gräueltaten in den Dörfern verübt werden. Vor sechs Wochen hörte Schwester Lorena zuletzt, dass ein Prozess vorbereitet würde. „Als ich ankam, brannte schon das Feuer und zwei Frauen waren als Hexen angeklagt”. Die ganze Dorfgemeinschaft stand gaffend um die gefesselten Opfer herum. Schwester Lorena ging und sagte: „Lasst die Frauen frei”. Einer der Folterer stürmte auf die Nonne zu und hielt ihr ein Buschmesser an die Kehle. „Ihr dürft diesen Frauen keine Gewalt antun”, entgegnete Schwester Lorena. „Euch alle hat eine Frau zur Welt gebracht. Legt die Messer weg”. Die frommen Worte entwickeln aus ihrem Munde eine charismatische Stärke. Wie durch ein Wunder schafft es Schwester Lorena die Situation unter Kontrolle zu bringen.

205 solcher Fälle hat Schwester Lorena in den letzten fünf Jahren allein in der Provinz der Stadt Mendi gezählt. Für 15 Frauen kam jede Hilfe zu spät. Sie starben an den brutalen Folterungen. 190 Frauen konnten fliehen oder wurden befreit. Doch einmal als Hexe angeklagt, kann es die Betroffenen immer wieder treffen. Weil sie nicht mehr sicher sind, hat Schwester Lorena mit Hilfe von missio in Aachen ein Frauenschutz-Zentrum aufgebaut, wo die Überlebenden seelsorgerisch betreut werden.

Bei jeder Rettungsaktion riskiert die engagierte Ordensschwester ihr Leben. Die Polizei hat sie schon oft um Hilfe gebeten. Doch nie ist etwas passiert. Im Gegenteil. Zuletzt drohte ihr die Polizei: „Wenn du weiter den Frauen hilfst, wirst du am Ende selbst als Hexe verbrannt”.

Auf wessen Seite die Polizisten stehen, weiß Schwester Lorena auch auf Grund eines anderen Vorfalls. Auf ihrem Computer sind Beweisfotos gespeichert, die ihr zugespielt wurden. Beim brutalen Hexenprozess gegen die junge Mutter Christina Pakuma standen in der Menschenmenge mehrere Polizisten, die nicht eingriffen. Durch einen Trick konnte Christina fliehen. Ihren Fall hat missio in einer Menschenrechtsstudie dokumentiert. Aktuell ist Schwester Lorena auf Heimaturlaub in der Schweiz und will von dort auf die bedrohliche Situation aufmerksam machen, hofft den Papst zu treffen, einen Termin bei den Vereinten Nationen zu bekommen oder mit der Menschenrechts-Anwältin Amal Clooney in Kontakt treten zu können. Sie will Gott und die Welt in Bewegung setzen, damit dieser Hexenwahn endlich aufhört und die Täter vor Gericht kommen. Mitte August reist sie wieder zurück nach Papua-Neuguinea, um sich weiter um Frauen in ihrem Zentrum zu kümmern. Und sie wird wieder in Situationen geraten, in denen sie den Folterern gegenübersteht und mit Messern bedroht wird. „Fünf bis sechs Mal im Jahr passiert das”, sagt sie.

Mit ihrer Aufklärungskampagne geht Schwester Lorena in die Schulen und versucht die Kinder zu gewinnen, damit sie nicht von dem Hexenwahn infiziert werden. Schwester Lorena hofft einen Beitrag leisten können, damit hier eine Generation heranwächst, für die Hexen nur noch ein Märchen aus uralten Zeiten sind.

Internationaler Tag gegen Hexenwahn am 10. August 2022

Der weltweite Gedenktag macht auf die Menschenrechtsverletzungen in über 40 Ländern aufmerksam, bei denen vielfach Frauen, aber auch Männer und Kinder als vermeintliche Hexen beschuldigt, verfolgt oder getötet werden. Experten befürchten, dass in den letzten Jahrzehnten mehr Menschen im Zeichen des Hexenwahns getötet wurden als in den Jahrhunderten zuvor.

Die Motive für die aktuellen Gewaltverbrechen zeigen deutliche Paralallen zwischen den jeweiligen Ländern wie auch zwischen den Epochen auf. Meist sind es Katastrophen, Krankheiten oder Kriege, die Menschen dazu verleiten, Sündenböcke zu suchen und brutale Gewalt auszuüben.

Organisationen wie missio in Aachen unterstützen Hilfsprojekte und Aufklärungskampagnen in Ländern wie Papua-Neuguinea, Ghana, Benin und der DR Kongo. Weitere Informationen finden sich unter www.missio-hilft.de/hexenwahn ».


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Jörg Nowak

stv. Pressesprecher / Team „Aktion Schutzengel”
Tel.: +49 (0)241 / 7507 - 216
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