Welchen Umgang mit unseren Verstorbenen und mit Toten insgesamt wünschen wir uns eigentlich? Und was hat diese Frage mit Menschenrechten zu tun?
In vielen Partnerländern von missio stehen Menschen vor großen Herausforderungen mit Blick auf den Umgang mit Verstorbenen: In der Grenzregion zwischen Burkina Faso, Mali und Niger sind seit Jahren islamistische Terrorgruppen aktiv. Menschen verschwinden und werden umgebracht. Angehörige haben oft keine Möglichkeit, die Verstorbenen zu identifizieren und würdevoll zu beerdigen. In Pakistan wurde im Sommer 2023 ein christliches Dorf von einem islamistischen Mob überfallen, Kirchen und Häuser wurden geplündert und niedergebrannt. Auch Friedhöfe wurden geschändet, Gräber zerstört und Orte des Gedenkens verwüstet. Das mehrheitlich buddhistische Sri Lanka hatte während der Corona-Pandemie die Feuerbestattung aller am Coronavirus gestorbenen Bürger angeordnet. Das hatte zu großen Protesten der muslimischen Minderheit geführt, da die Verbrennung von Leichen im Islam verboten ist.
Diese Beispiele verweisen darauf, dass der Umgang mit Verstorbenen insbesondere für die Hinterbliebenen von großer Bedeutung ist. Den Menschen zeichnet die Tatsache aus, dass er seine Verstorbenen bestattet – in welcher Form und mit welchem Zeremoniell auch immer – und damit die Beziehung zu den Verstorbenen über den Tod hinaus pflegt. Ein würdevoller Umgang mit den Verstorbenen ist für viele wesentlich, um Frieden mit dem Verlust eines nahestehenden Menschen zu schließen. Heißt dies, dass es bei einem der Menschenwürde entsprechenden Umgang mit den Toten ausschließlich um die Bedeutung für die Hinterbliebenen und nicht um die Verstorbenen selbst geht?
Mit dieser Frage hat sich in den vergangenen Jahren eine Arbeitsgruppe von Justitia et Pax auseinandergesetzt, in der ich für missio mitgewirkt habe. Unsere Erkenntnisse und Forderungen haben wir in einer Erklärung zusammengefasst, die rechts neben diesem Blog-Beitrag zum Download zur Verfügung steht.
Menschenrechte sind zwar Rechte von Lebenden, die ihnen ein würdevolles Leben ermöglichen. Aber auch Verstorbene bleiben „unverfügbar“; ihre Menschenwürde wirkt über den Tod hinaus!
Eine lebende Person kann Entscheidungen treffen, die erst nach ihrem Tod wirksam werden, beispielsweise über die Art der Bestattung oder eine mögliche Organentnahme. Wird der Verstorbene in seiner Persönlichkeit nach dem Tod nicht geachtet – durch Schmähungen etwa – kann das rechtlich als nachträgliche Persönlichkeitsverletzung verstanden werden.
Auch das Recht auf Religionsfreiheit weist über den Tod hinaus. Totengedenken und Bestattungen betreffen religiöse Fragen. Ob man an eine Auferstehung, eine Form von Leben nach dem Tod oder auch an eine Wiedergeburt glaubt, kann jeweils mit bestimmten Vorstellungen verbunden sein, was mit einem Leichnam passieren darf und was nicht. Diese religiösen Überzeugungen sind zu respektieren. Das betrifft auch die Religionsfreiheit Indigener, deren Gräber und Gedenkorte für verstorbene Ahnen vor Landraub geschützt werden müssen!
Zu einem menschenwürdigen Umgang mit dem Tod gehören nicht nur Räume für Erinnerung und Gedenken und die Unterstützung der Trauernden, sondern auch der Respekt für die Verstorbenen!
Kommentar schreiben
Kommentarfunktion deaktiviert