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Wie Kirche in einer muslimischen Region lebt

missio und Bistum Mainz auf Friedenssuchermission (Teil 5)

Frühmorgens in Tamale: Hier weckt mich nicht ein einzelner Muezzin, hier sind es mehrere, deren Rufe die Gläubigen zum Gebet rufen. Auf unserer Reise durch Ghana sind wir in einer überwiegend muslimischen Region angelangt. Ungefähr jeder Fünfte hier ist Christ. Das prägt die Arbeit eines Mannes, der für unsere Missio-Reisegruppe wichtig ist: Father Boniface Maasoayele. Er wird im Oktober nach Deutschland kommen, zur Eröffnung des Monats der Weltmission. Hier in der Provinz Tamale dürfen wir ihn zwei Tage bei seiner Arbeit begleiten.

Der Sonntag beginnt mit einer Autofahrt über die Dörfer. Unser Ziel ist der kleine Ort Cheshe, wo es eine katholische Kirche gibt. Die Fahrt führt an vertrockneten Feldern entlang, was an sich nichts Außergewöhnliches ist, denn wir sind in der Trockenzeit hierhin gekommen. Doch die Regenzeit, in der man Ackerbau betreiben kann, ist nur kurz. „In der Trockenzeit leben die meisten Menschen hier vom Kleinhandel“, sagt Father Boniface – das heißt: Sie sind sehr arm.

 

Foto: missio / Angela Ott
Die Friedenssucher von missio und Bistum Mainz machen im muslimisch geprägten Teil Ghanas Halt. Sicht auf das Dorf Cheshe.

Deswegen suchten immer mehr junge Leute ihr Glück im wohlhabenderen Süden Ghanas, in Accra.

Aber viele scheitern dort. Junge Frauen werden missbraucht, geraten an gewalttätige Männer. Nur: Wenn sie dann ins Dorf zurückkehren, wollen sie ihr Scheitern nicht eingestehen. Nach Jahren in der Stadt haben ihre Ersparnisse gerade einmal ausgereicht, damit sie sich ein schönes Kleid kaufen oder einen modernen Gebrauchsgegenstand, zum Beispiel eine Kühlbox. Diesen Besitz zeigen sie dann stolz vor. Und obwohl es das Einzige ist, was sie aus der Stadt mitgebracht haben, gilt es im Dorf als Beweis, dass man es da draussen zu etwas bringen kann.

Father Boniface Maasoayele
 

Foto: missio / Angela Ott
Father Boniface Maasoayele im Gespräch mit Thomas Schneider. Der Priester arbeitet in einer Region, in der sehr viele Muslime leben.
Foto: missio / Andreas Lerbs
Noch ist Ruhe in der Kirche Sankt Martin in Cheshe in Ghana. Hier in der Region gibt es nur wenige Kirchen.

Father Boniface predigt, wie man durch Liebe überraschen und Konflikte lösen kann

Zur Kirche St. Martin sind etwa 60 Menschen gekommen, darunter viele Kinder, die Geduld brauchen – und haben: Der Gottesdienst dauert mehr als zwei Stunden. Wird ein Kind müde, legt es sich auf den Fußboden und schläft. Father Boniface braucht Unterstützung hier in Cheshe: Die Gemeinde spricht Dagbani, das ist nicht Bonifaces Muttersprache. „Die liturgischen Texte kann ich sprechen, aber die Predigt halte ich lieber auf Englisch, damit ich sicher bin, dass ich etwas Sinnvolles sage.“ Die Lesungen übernehmen Männer und Frauen aus der Gemeinde, das Evangelium gibt es zweimal, und bei der Predigt hat Boniface immer einen jungen Mann als Dolmetscher neben sich.

Bisweilen spricht Boniface aber doch selbst auf Dagbani. Seine Predigt folgt keinem Manuskript, sondern er wendet sich direkt an seine Gemeinde, wenn er erklärt, was es bedeutet, dass man nach seiner rechten Wange auch die Linke hinhalten soll. Nämlich: Dass man seine Nächsten durch Liebe überraschen und dadurch eine schwierige, konfliktgeladene Situation lösen kann.

 

Foto: missio / Andreas Lerbs
Überraschung: Die Friedenssucher von missio und Bistum Mainz bekommen ein Huhn überreicht, dass sie für eine Pfarrhaushälterin in Tamale mitnehmen. Ein kleiner Hilfstransport.

Am Ende des Gottesdienstes werden wir Gäste aus Deutschland noch einmal besonders begrüßt, und Eva Baillie von der missio-Diözesanstelle Mainz dankt der Gemeinde für die freundliche Aufnahme. Während sie noch spricht, ist im hinteren Teil der Kirche plötzlich ein Gackern zu vernehmen. Und schon kommen zwei Vertreter der Gemeinde nach vorne und überreichen Eva stellvertretend für uns alle ein Huhn. Das ist ein großes Geschenk – Father Boniface hatte uns ja schon auf der Fahrt hierhin von der Armut der Dorfbewohner erzählt. Das passt zu der Predigt, in der es ja darum gegangen war, dass man seine Nächsten durch Liebe und gute Taten überraschen soll.

Muslimische Nachbarn helfen beim Bau einer neuer Kirche

Auf dem Rückweg machen wir übrigens noch einen Zwischenhalt in einem anderen Dorf. Auf einer freien Fläche liegen viele Lehmziegel. Hier, erklärt Father Boniface, soll eine neue Kirche gebaut werden. „Auch hier, wie überall in der Region, sind die Christen eine Minderheit“, sagt er. „Und diese Wenigen müssen jeden Sonntag stundenlang nach Cheshe laufen, wenn sie zum Gottesdienst wollen. Aber das Wunderbare ist, dass unsere muslimischen Nachbarn uns geholfen haben, die Ziegel zu brennen.“ So kann der Neubau der Kirche bald beginnen, und Boniface wird noch eine weitere Out Station, eine neue Außenstelle zu betreuen haben.

Dann fahren wieder in Richtung Tamale – mit unserem Huhn als weiterem Fahrgast, das wir dann am Ziel der Pfarrhaushälterin übergeben.

 


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