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Libanon: Flüchtlingslager Dbayeh

Wir sind eine Woche lang im Libanon » unterwegs. Wir, das sind: Ayline Plachta, Elke Breuer-Schulte, Katja Heidemanns, Johannes Seibel, Frank Kraus und Pfarrer Dirk Bingener. Wir lernen Frauen und Männer kennen, die die verschiedenen christlichen Kirchen im Libanon und Nahen Osten prägen. Einige von ihnen sehen wir im Oktober zum Monat der Weltmission » in Deutschland wieder.

Unser Pressesprecher Johannes Seibel » berichtet an dieser Stelle von der Reise.

 

Foto: Johannes Seibel / missio
Treffen mit Schwestern, sie sich im Flüchtlingsviertel für die Menschen engagieren.

Der knallrote Teddybär: Was wir von Schwester Magda lernen können

Der knallrote knuffige Teddybär sitzt auf dem Bett im Schlafzimmer von Schwester Magda Smed. Sie lacht, nimmt ihn, drückt ihn fest an sich. Wir sind irritiert. Das merkt die hagere belgische Ordensfrau und erzählt eine Geschichte. Über die Lage der staatenlosen, palästinensischen Menschen im libanesischen Flüchtlingslager Dbayeh lerne ich mehr als durch jedes Briefing. Dort leben und arbeiten die Schwestern der Nächstenliebe mit den Menschen. Unsere Spenderinnen und Spender von missio unterstützen die sozial-pastorale Arbeit der Schwestern für die Flüchtlinge.

Wir können die Not der Menschen nur lindern, wenn wir ihre Nähe suchen

Also, setzt Schwester Magda an: Es gibt ein kleines, palästinensisches Mädchen im Flüchtlingsviertel. Das kommt fast jeden Tag in die Station. Die Kleine hat Schwester Magda gleichsam als ihre Großmutter adoptiert. Das Mädchen braucht diese Nähe. Nun musste Schwester Magda drei Wochen verreisen. Jeden Tag klopfte das Mädchen an in derStation. Die Schwestern mussten sie jedes Mal vertrösten. „Nein, Schwester Magda ist nicht da.“

Das Mädchen wurde trauriger und trauriger. Bis Schwester Magda wieder im Haus war. Freudestrahlend stürmte die Kleine auf die Ordensfrau zu und drückte ihr den kleinen, roten Teddy in die Hand. Ein Geschenk. Sie hatte eigens einen ausgesucht mit dem Aufdruck: Ich liebe Dich.
Ich lerne. Was Schwester Magda unserer missio-Reisegruppe sagen will, ist folgendes:

Wir können den im wahrsten Sinne Kleinsten und am meisten verwundbarsten Menschen als Christinnen und Christen nur helfen, wenn wir ihnen tatsächlich nahe sind, ihre Nähe suchen, Nähe mit ihnen teilen und Nähe aushalten. Eigentlich simpel. Eigentlich ganz wie Kirche sein soll. Eigentlich so, wie es Jesus uns vorgelebt hat. „Wir sind die ganz, ganz kleinen Schwestern Jesu“, lacht Schwester Magda Smed.

Seit 1948 leben die Geflüchteten hier und sehnen sich nach ihrer Heimat

Eine Mitschwester von Magda Smed führt uns durch das Viertel der palästinensischen Flüchtlinge. Ein älterer Mann hält die Schwester an. Sie legt den Arm um sie. Er will wissen, woher wir kommen. Die Ordensfrau stellt ihm Ayline Plachta und Katja Heidemanns aus unserer Reisegruppe vor. Er will uns unbedingt etwas sagen. Seit 1948 lebt er hier im Libanon. Er hat Sehnsucht nach seiner Heimat. Dann stockt er. Es beschäftigt ihn. Freundlich lächeln wir zurück.  

Es ist schwer zu begreifen, dass hier seit 75 Jahren – der Mann wird bei der Flucht etwa sechs, sieben, acht Jahre alt gewesen sein – die Menschen ausharren müssen. Sie dürfen nicht aus dem Lager, das mittlerweile ein Stadtviertel geworden ist, heraus. Sie gelten als staatenlos. Sie dürfen offiziell nicht arbeiten. Nur die jungen Frauen haben Aufstiegsmöglichkeiten, indem sie einen Libanesen heiraten. Dann nämlich erhalten sie die libanesische Staatsbürgerschaft und können aus dem Viertel heraus. Deshalb wollen die Schwestern der Nächstenliebe ein neues Programm speziell für junge Männer aufsetzen. Sie brauchen unbedingt eine Perspektive, was sie mit ihrem Leben anfangen können. „Wir arbeiten daran“, lacht die Schwester, drückt dem alten Mann die Hand, und wir gehen weiter.

Kardinal Raï, Erzbischof Soueif: Die Politiker müssen ans Gemeinwohl denken

Die Not der Menschen im Libanon – ob Geflüchtete oder Einheimische – hängt ganz eng damit zusammen, dass die Politiker im Land allein an sich selbst und ihre Klientel denken. Sie interessiert das Gemeinwohl nicht. Das hören wir heute bei allen, die wir besuchen. Das sagt der Maronitische Patriarch von Antiochien und des ganzen Orients, Kardinal Béchara Raï. Das sagt der maronitische Erzbischof Youseff Soueif in Tripoli, der als Hoffnungsträger der Kirche und Zivilgesellschaft gilt. Sie arbeiten mit allen Kräften daran, dass sich die Verhältnisse für die Menschen zum Guten wenden. Aber ganz eindeutig meine Heldin des heutigen Tages ist: Schwester Magda Smend. Sie steht für eine Nächstenliebe, die bleibt.


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