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Tunesien: Pandemie verstärkt Ungleichheit und soziale Probleme

Immer wieder erhebt Papst Franziskus seine Stimme und ruft zu einer Globalisierung der Solidarität und Nächstenliebe auf. In Zeiten von Corona bekommt dieser Appell eine neue Bedeutung. missio steht auch in diesen Zeiten der weltweiten Pandemie in engem Kontakt mit seinen Projektpartnern in Afrika, Asien und Ozeanien, die besonders von der Pandemie betroffen sind. Katja Nikles befragte Pater Simon Amy Gornah zur aktuellen Situation in Tunesien.

Wie hat die Covid-19-Pandemie das Leben der Menschen in Ihrem direkten Umfeld (in Ihrer Nachbarschaft) verändert?

Tunesien ist aktuell von zwei gegensätzlichen Bewegungen gekennzeichnet. Zum einen ist das der Wille, am Bau der Demokratie festzuhalten. Zum anderen sind gerade in der jungen Bevölkerung die Verzweiflung und Verbitterung groß. Viele wählen den Weg der Auswanderung nach Europa. Manche gehen nach Libyen und bereiten sich auf den Kampf in Syrien oder anderswo vor.

Die Verzweiflung wird durch die aktuelle Pandemie verstärkt. Unzählige Menschen in Tunesien haben ihre Arbeit verloren. Viele Tunesier haben ihre Lebensgewohnheiten drastisch umgestellt, weil ihr Einkommen sich so stark verringert hat. Die Pandemie hat bereits existierende Ungleichheiten und soziale Probleme massiv verstärkt.

 

Welche Auswirkungen wird die Pandemie in den nächsten Monaten für Ihr Land haben?

Ich habe die begründete Hoffnung, dass die Tunesier sich von Covid-19 nicht die Hoffnung nehmen lassen. Sie übernehmen weiter Verantwortung in dem Bewusstsein, dass es sich nicht um das Ende der Welt handelt oder um eine natürliche Selektion, um das menschliche Gleichgewicht wieder herzustellen.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass Covid-19 dafür sorgt, dass Menschen sich für einen anderen Lebensstil entscheiden, dass sie in Verbundenheit mit der Natur leben möchten, lokale Produkte konsumieren und auf ihre Gesundheit achten.

 

Welche Bedeutung hat der Glaube für die Menschen in den Zeiten der Pandemie?

Diese Zeit der Pandemie ist für alle, ob gläubig oder nicht gläubig, eine Zeit der Verbundenheit, der Solidarität, des Teilens, der Unterstützung. Es gilt, das Leben ausgehend vom Tod zu betrachten. Papst Franziskus und der senegalesische Philosoph Souleymane Bachir Diagne haben es jeder auf seine Weise gesagt: Wir können dieser Situation nicht allein entrinnen. Wir sind aufeinander angewiesen. Und wir brauchen Gott, denn er erinnert uns daran, dass jeder von uns mit den anderen verbunden ist, und dass wir alle an ein enormes Versprechen rückgebunden sind. Es ist eine neue Verbundenheit der Gläubigen zu ihrem Schöpfer zu beobachten. Eine neue Dynamik ist in den Gläubigen geboren, die dazu aufruft, die eigenen Gaben und Fähigkeiten zu nutzen, um besser mit der Umwelt in den Dialog zu treten und solidarischer zu leben. Diese Zeit der Pandemie ruft uns dazu auf, über den wahren Sinn des Lebens nachzudenken und den Gott des Trostes zu suchen.

Foto: missio

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