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Theater gegen Gewalt

Heute am Sonntag sind wir in Port Moresby. Wir sind in der Pfarrei Mary Help of Christians. Sie liegt in einem Viertel, das die Menschen mit Armut und Gewalt quält. Pater Ambrose Pereira SDB ist hier seit Dezember Pfarrer. Nach der Messe holt er die Jungen auf die Bühne. Er hat mit ihnen ein Theaterstück einstudiert. Sie geben ihrer Generation eine Stimme. 
St. Marcella heißt die Jugendgruppe. Sie haben gelbe, blaue, grüne Shirts an. Zuerst sitzen sie mit dem Rücken zu den Gottesdienstbesuchern. Dann springt ein junger Mann auf. Er zeigt intensiv mit dem Finger Richtung Publikum. Er schreit seine Wut heraus. Suizidgedanken quälen ihn. Er spielt die Not vieler seiner Altersgenossen eindrücklich vor. „Wer gibt mir das Gift?“, schreit er. Ein Mädchen im grünen Shirt rückt dem Publikum auf die Pelle. „Der Körper einer Frau ist wunderbar. Aber er ist kein Spielzeug, das man einfach gebrauchen darf und dann wegwirft“, sagt sie aufrecht, klar und bestimmt.

„Mama, hier stehe ich, voller Blut, das meiste von mir“

Ein anderes Mädchen im blauen Shirt entbirgt ihr Gesicht. Wie sehr hat ihre Mutter sie vor Alkohol und Drogen und den Raskols, den kriminellen Gangs im Viertel gewarnt. Dann war da die Party. „Wirklich, ich habe nur Soda getrunken, wirklich“, versichert sie. Trotzdem. Sie stieg ins Auto eines Jungen. Er war betrunken. Eine Schießerei. „Und, Mama, hier stehe ich, voller Blut, und das meiste von mir“, klagt sie. Alle hier wissen nur zu gut, wovon die junge Schauspielerin redet. 

„Sei ehrlich Gott, warum leide ich?“

Warum das alles nur? Ein Mädchen im gelben Shirt springt auf. Sie hat einen Brief an Gott geschrieben. Sie presst brennende Fragen aus sich heraus:
(als Zitat) „Sehr geehrter Gott, sei bitte ehrlich. Warum leide ich? Warum sterbe ich? Warum muss ich meine Liebsten verlieren? Für was soll das denn gut sein, jemanden zu töten? Warum versucht uns das Böse so sehr? Was ist die Ursache von allen diesen Ungerechtigkeiten? Warum kann ich nicht Deinen Einfluss auf diese Welt sehen?“

 

 

Haben wir Antworten? Nein. Haben wir Trost? Nein. Wir sehen hier aber junge Menschen, die nicht aufgeben. Sie wollen ein anderes Viertel. Dafür finden sie ihren Ausdruck. Sie formieren sich zum Tanzen. Gemeinsam, lächelnd, synchron im Rhythmus tanzen sie vor, wie eine andere Welt aussehen könnte. Zum Schluss bauen sie die Pyramide. Die Jugend will leben, ist ihre Botschaft. 
 

Einander vergeben – das ist die Botschaft dieses Sonntags

Applaus. Alle in der Kirche haben die Botschaft gehört. Wenn sie nur wenige Schritte nach draußen gehen, gelten schon wieder die alten Gesetze. „Als ich hier angefangen habe, war ich schon erschrocken, wie sehr tatsächlich Gewalt den Alltag der Menschen prägt. Wir brauchen Durchhaltevermögen. Aufeinander Acht geben, niemanden zurücklassen, einander ins Gesicht sehen, vergeben, das predige ich immer wieder“, sagt uns Pater Ambrose. Heute ist Sonntag in Port Moresby.


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