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Die Herausforderungen für die Seelsorge und Sozialarbeit der Kirche in der Millionenstadt Nairobi in Kenia stehen im Mittelpunkt des Monats der Weltmission im kommenden Oktober. Vom 22. bis 29. Januar informieren sich missio-Vizepräsident Gregor von Fürstenberg, Frank Kraus (Leiter der Abteilung Ausland), Katja Heidemanns (Leiterin der Abteilung Spenderservice), Johannes Duwe (Bildungsabteilung) und missio-Pressesprecher Johannes Seibel in Nairobi über diese Arbeit.

Jenseits von Afrika – oder Tischgespräche über Postkolonialismus

Was prägt unsere europäische Vorstellung von Afrika? Wie nehmen Menschen aus Afrika Deutschland wahr? Darüber fachsimpele ich am zweiten Tag unserer Kenia-Reise beim Mittagessen mit Father Emanuel Chimombo. Und wir landen auf etwas andere Art jenseits von Afrika, Meryll Streep und Robert Redford.

Father Emanuel arbeitet bei der Vereinigung der ostafrikanischen Bischofskonferenzen in Nairobi, der Association of Member Episcopal Conferences of Eastern Africa (AMECEA). Diese Organisation berät die katholischen Bischofskonferenzen in Äthiopien, Eritrea, Kenia, Malawi, dem Südsudan, Sudan, Tansania, Uganda und Sambia. Dijbouti und Somalia sind angegliedert. AMECEA begleitet die Kirche in diesen Ländern bei der Entwicklung von Zukunftsstrategien in der Seelsorge, der sozialen Arbeit oder in der Medienarbeit. missio Aachen fördert AMECEA. Heute sind wir zu Hintergrundgesprächen im Büro der Organisation in Nairobi.

Welche Stereotypen prägen wechselseitig die Vorstellungen von Europäern und Afrikanern? Father Emanuel fällt beim Mittagessen ein Klischee ein. Wenn Afrikaner an Europa dächten, dann verbindeten sie damit wirtschaftliche Stärke und technischen Fortschritt. „Das prägte schon in unserer Kindheit an der Schule das Bewusstsein“, sagt Father Emmanuel. Und daraus, wirft ein anderer Priester am Mittagstisch ein, sei eine Art Minderwertigkeitsgefühl im kollektiven Unterbewusstsein der Menschen in Afrika entstanden. „Das hat mit der Kolonialvergangenheit zu tun, deshalb sprechen wir heute auch über Postkolonialismus“, fährt er fort.

Er fragt mich, warum die Europäer über Afrika entweder nur in der Perspektive von Krisen und Katastrophen berichteten – ich sei ja der Pressesprecher von missio Aachen –, oder aber nur idyllische Sehnsuchtsbilder produzierten? Ich versuche mich mit Erklärungen. Dass zum Beispiel die Berichterstattung über den Biafra-Krieg in Nigeria in den siebziger Jahren einer der ersten Kriege neben dem Vietnamkrieg waren, die gleichsam live in die Fernsehstuben Deutschlands übertragen wurden. Dass die Schreckensbilder der Kinder mit aufgequollenen Bäuchen die Wahrnehmung von Millionen Fernsehzuschauern und die Erwartungshaltung an journalistische Berichterstattung prägten, die bis heute zumindest untergründig weiterwirken. Das sei dann so eine Art Matrix für alle künftige Berichterstattung geworden, sage ich. „Ja, da müssen die Europäer noch viel tun, um das aus den Köpfen zu bekommen“, sind wir uns am Tisch einig.

Umgekehrt seien globale Kinoschlager wie „Jenseits von Afrika“ mit Meryll Streep und Robert Redford aus dem Jahr 1985 der Inbegriff einer Afrikasehnsucht geworden, wie der Westen sie kultiviert habe, debattieren wir schon das nächste Tischthema. Jetzt lachen Father Emmanuel und sein Nachbar. Ob ich wüsste, dass die Dreharbeiten zu „Jenseits von Afrika“ ganz in der Nähe unseres Quartiers für unserer missio-Reise im Stadtteil Karen in Nairobi stattgefunden hätten? Nein, weiß ich nicht. Father Emanuel erklärt es mir: Der Film wurde dort auf der Farm der dänischen Schriftstellerin Karen Blixen gedreht, deren Leben aus dem 19. Jahrhundert Vorlage für den Film wurde. Father Emanuel empfiehlt uns, das Anwesen einmal zu besuchen. Es gibt dort Führungen. Auf dem Nachhauseweg heute machen wir tatsächlich einen Stopp. 

Einig mit Father Emmanuel sind wir uns aber: Die Kolonialzeit war für Afrika keine Romanze. Gemeinsam mit unseren afrikanischen Partnerinnen und Partnern wollen wir uns den Fragen von Postkolonialismus heute stellen.


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